Gestern hat mir meine Enkelin mit einer Kinderschaufel versehentlich die Rübe perforiert. Das schreibe ich vorweg, um einzuräumen, dass es auch manchmal die eine oder andere . . . na, sagen wir: Unpässlichkeit im Kontakt mit Enkelkindern geben kann. Aber ansonsten werde ich hier über das Opasein jubeln und erzählen, warum der Job des Großvaters für mich sozusagen die Rettung war. Denn ich hatte einen anderen Job gerade verloren.
Vor zwei Jahren wurde ich nämlich Rentner. Wie so viele Menschen in diesem Land. Zwischen 1955 und 1970 wurden so viele Kinder geboren wie niemals zuvor und auch nie wieder danach. Diese Babyboomer gehen jetzt nach und nach alle in den Ruhestand. Und das ist für viele ein verdienter, auf den sie sich freuen.
Für andere – besonders Männer – ist es aber auch das Tor zur Hölle. Weil es eben nichts mehr zu tun gibt. Sie hadern mit dem Bedeutungsverlust. Wer sich vor allem durch seinen Job definiert hat, muss damit klarkommen, dass er nicht mehr als Funktionsträger in der Öffentlichkeit auftritt, sondern als Privatmensch ohne Einfluss. Eine Person ohne Posten, die nun über die Hecke labernd ihren Nachbarn auf den Sack geht.
Davor – ich gebe es zu – hatte ich Angst. Und unsere Nachbarn auch. Es mag Frauen auch so gehen, aber meist sind es die Männer, die neue Beschäftigungsfelder brauchen. Und eine mögliche Antwort auf die Frage "Was kommt denn jetzt noch?" lautet: Enkel! Denn die Kleinen sind ein Jungbrunnen für alle Älteren. Sie zu begleiten, zu stützen, zu schützen, sich von ihnen unterhalten zu lassen und sie zu unterhalten – all das ist großartig, faszinierend und sinnstiftend. Das habe ich schnell gelernt.
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