Jana
Jana
Debora Ruppert
Obdachlosigkeit
"Der Boden fehlt mir unter den Füßen."
Jana landete durch Drogenprobleme und Schicksalsschläge auf der Straße. Die Fotografin Debora Ruppert hat Menschen ohne Obdach porträtiert und ihnen Einmalkameras gegeben. So erzählen sie von ihrem Alltag, ihren Hoffnungen und Erfolgen
Jacobia Dahm
31.01.2025
2Min

Jana, 31 Jahre. Sie wurde durch eine Verkettung von Problemen obdachlos. Drogenkonsum und mehrere Schicksals­schläge führten zu einer Psychose und Jana verbrachte einen Monat in der Akutpsychiatrie eines kirchlichen Krankenhauses.

Ihre Freunde wandten sich von ihr ab, und auch ihr WG-Zimmer musste Jana verlassen, weil es zum Streit mit ihren ­Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern kam. Vor kurzem hat sie eine Wohnung in ihrer Heimatstadt gefunden.

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über Obdachlose. Alle weiteren Beiträge finden Sie auf dieser Themenseite.

Als ich viele psychedelische Substanzen konsumiert habe, war ich abends in der Dämmerung oft spazieren. Durch die ­Substanzen war meine Wahrnehmung verändert. Da hatte ich das Gefühl, dass mich hier von dem Flakturm das Auge Saurons, als Mittelpunkt des Bösen, anschaut. Ich war vier Wochen lang in der Akutpsychiatrie. Ich habe Substanzen konsumiert. In Kombination mit Schicksalsschlägen, Liebeskummer, Stress auf Arbeit, einer Beförderung in meiner Probezeit, einem Verein, den ich ehrenamtlich geleitet habe, kam es dazu, dass bei mir Sicherungen durchgebrannt sind. Das war ein kirchliches Krankenhaus, das ist die Statue der Heiligen Maria

Das war mein Zimmer in meiner WG in Berlin. Für das neun Quadratmeter große Zimmer habe ich 420 Euro bezahlt, obwohl es ein Sozialwohnungsbau ist. Ganz schön heftig. An diesem Wochenende habe ich von meiner WG noch mal Zutritt bekommen, um mein Zimmer auszuräumen. Das war sehr schmerzhaft. Noch mal kurz die Beine hochnehmen, um mir Zeit zu geben, diese Situation zu verarbeiten. Mein schönes Zimmer, mein Nest, das ich aufgeben musste, wirklich traurig. In dem zerbrochenen Traum meines Lebens in Berlin

Ich fliege über den Wolken. Der Boden fehlt mir unter den Füßen. Ich bin nackt. Ich bin hilflos. Ich bin ab jetzt obdachlos. Kein eigenes Bett mehr. Kein eigenes Zimmer mehr. Keine Sicherheit mehr. Ich kann nicht mehr. Ich funktioniere nicht mehr. Ich bin nicht mehr ich. Der Sturz ist tief. Es tut weh. Ich schreie. Ich schreie die Leute um mich herum an. Wer noch nah war, distanziert sich. Ich schreie noch lauter, aber niemand versteht mich mehr. Alle gehen. Niemand ist mehr da. Komm doch mal klar und sei einfach leise!

Stimmen der Straße: Jana
Infobox

Wer ist obdachlos? Und wie viele?

Mehr als eine halbe Million Menschen haben keine eigene Wohnung, sagt der neue Wohnungslosenbericht der Bundesregierung (veröffentlicht am 8. Januar 2025). Die meisten, fast 440 000 Menschen, leben in Einrichtungen der Kommunen und der Wohnungsnotfallhilfe. Rund 47 300 Menschen leben auf der Straße oder in Behelfsunterkünften. 60 000 kommen bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten unter.

Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung einen Aktionsplan beschlossen, um die Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. Nach Darstellung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe ist aber die Zahl der Betroffenen weiter gestiegen – vor allem durch die Zunahme nicht deutscher Wohnungsloser. 19 Prozent der Wohnungslosen sind unter 25 Jahre alt, davon viele Mädchen und Frauen. Das größte Problem ist der fehlende bezahlbare Wohnraum – und die weiter steigenden Mieten. Oft trifft es Menschen sehr plötzlich. Wer seine Arbeit verliert, krank oder süchtig wird, einen Schicksalsschlag erleidet, ist häufig nicht in der Lage, sich um seine Mietschulden zu kümmern.

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