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Vor etwas mehr als einem Jahr sind wir umgezogen. Seitdem gibt es ein Spielzimmer, in das wir fast alle Spielsachen ausgelagert haben. Doch von allen Räumen wird dieses Zimmer am wenigsten genutzt. Vermutlich hat sich bei drei Kindern einfach viel zu viel nutzloses Zeug angesammelt – so viel, dass es einen erschlägt. Wer sich ins Zimmer verirrt, ist meist schnell wieder draußen.
Deshalb glaube ich, dass Anna Ott recht hat. Sie hat ebenfalls Kinder und sagt: "Wir verschenken oft unnützes Zeug." Aber Anna Ott hat es nicht beim Lamento belassen. Sie hat eine Internetplattform gegründet: "Zukunft Schenken". Die Idee: Statt noch mehr Spielsachen anzuhäufen, die bald verstauben, kann man über ihr Portal nachhaltige Geldanlagen unter den Weihnachtsbaum legen. Und Gelegenheiten zum Schenken gibt es auch nach dem 24. Dezember viele – Taufen, Geburtstage oder Konfirmationen.
Mein erster Gedanke, als ich von der Idee hörte, war: Ist das nicht etwas zu karg? Man hat ja schließlich nichts zum Auspacken. Aber das stimmt nicht ganz. Über die Internetseite von "Zukunft Schenken" kann man sich eine Karte als PDF erstellen lassen. Wenn man diese auf hochwertigem Papier ausdruckt, sieht sie ziemlich schick aus.
Mit ihrer Idee liegt Anna Ott im Trend. Nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen sind in Deutschland bereits mehr als 540 Milliarden Euro nachhaltig angelegt. Damit sind grüne Geldanlagen längst kein Nischenprodukt mehr. Doch für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es oft schwer zu durchschauen, welche Finanzprodukte – etwa Fonds – nur "hellgrün" und welche wirklich "dunkelgrün" sind.
Anna Ott hat viele Jahre in einer großen Bank gearbeitet und kennt die Widersprüche. Keine Bank will sich dem Wunsch der Kunden verwehren, die nach umwelt- und klimafreundlichen Geldanlagen fragen. Doch wenn man ins Detail geht, zeigt sich: Viele Anlagen, die als nachhaltig gelten, sind längst nicht so grün und wirksam, wie erhofft. "Manche Fonds schließen nur ganz bestimmte Branchen wie Glücksspiel, Pornografie oder Waffenhersteller aus. Oder sie wählen den ‚Best-in-Class-Ansatz‘, nehmen also Unternehmen in den Fonds auf, die in ihrer Branche am besten bei bestimmten Nachhaltigkeitskennzahlen abschneiden. Beides klingt gut, die nachhaltige Wirkung ist aber gleich null", erklärt Anna Ott.
Sie hat sich deshalb entschieden, nur wenige Fonds auf ihrer Plattform vorzustellen – Fonds, von denen sie selbst überzeugt ist, dass das angelegte Geld keinen Schaden anrichtet. Im Gegenteil: "Fast alle Fonds entfalten eine zusätzliche Wirkung, zum Beispiel Spendenelemente, was bedeutet, das ein Teil der Verwaltungsgebühr an gemeinnützige Organisationen fließt."
Wichtig zu wissen: Wer nicht den eigenen Nachwuchs, sondern beispielsweise ein Patenkind beschenken möchte, muss vorher die Eltern einweihen. Depots auf den Namen von Minderjährigen können nämlich nur bei Zustimmung der Erziehungsberechtigten eröffnet werden. Zukunft Schenken kooperiert hier mit der FNZ Bank, um den Kundinnen und Kunden kostenlose Kinderdepots anbieten zu können.
Beeindruckt hat mich an der Geschichte die Geradlinigkeit, mit der Anna Ott ihre Idee durchzieht. Ihr Weg auf der Karriereleiter führte nach oben, und sie hätte noch weiter aufsteigen können. "Ich hätte sicher mehr verdient als jetzt", erzählt sie bei einem Redaktionsbesuch. Aber nicht nur die Flut an Konsumgütern hat sie genervt – sondern auch, dass die Finanz- und Bankenwelt so träge auf die Herausforderungen unserer Zeit, wie die Klimakrise, reagiert. Stattdessen bewundert sie Fondsmanager, die auf den Hauptversammlungen der Unternehmen, in die sie investieren, ihren Einfluss geltend machen. Damit die Wirtschaft wirklich enkeltauglich wird.
Und wie denken ihre eigenen, elfjährigen Kinder darüber, wenn sie etwas weniger Zeug haben als ihre Altersgenossen? "Für sie ist das kein Problem, sie sind in diese Haltung reingewachsen," sagt Anna Ott. "Und was ich habe, ist meine Arbeitszeit, in der ich etwas für eine Welt tun kann, wie ich sie mir wünsche."