Weihnachten
Das gescheiterte Geschenkverbot
Bald ist wieder Weihnachten. Kinder bekommen gerne Geschenke, Erwachsene verschenken gerne. Aber damit muss jetzt Schluss sein, dachte ich mal
Weihnachtsbaumschmuck mit Weihnachtsgeschenken und Licht auf Holzboden im Wohnzimmer
Kleiner Baum, kleine Geschenke
SasinParaksa/iStockphoto
Lena Uphoff
28.11.2024
3Min

Der Höhepunkt war, glaube ich, vor drei Jahren erreicht. Wir wohnten damals noch in einem anderen Haus. Das Wohnzimmer war wirklich schön groß und hatte hohe Decken. Unser Weihnachtsbaum war bestimmt 2,5 Meter hoch. Aber es gab ein Problem. Als ich die echten Kerzen entzünden wollte, kam ich nicht ran. Die Geschenke versperrten mir den Weg und meine Arme waren zu kurz, um mit so viel Abstand vom Baum die Kerzen anzuzünden. Sie türmten sich in einem breiten Band um den Baum. Es war ein schönes Fest, aber ich kann mich an kein einziges der Geschenke erinnern.

Immerhin: Es waren auch elf Personen anwesend: meine Frau und ich, unsere drei Kinder, unsere vier Eltern und unsere beiden Brüder. Aber nun rechnen wir mal. Wenn nur jeder der Anwesenden jeweils ein Geschenk an jeden anderen Anwesenden verschenkt, macht das: 121 Geschenke! Die Kinder haben zwar noch nichts verschenkt, aber sie haben dafür auch mehr als ein Geschenk von jedem bekommen. Kein Wunder also, dass ich nicht an den Baum herankam.

Ein paar Tage später, alle waren abgereist, fassten meine Frau und ich einen Entschluss: Damit muss Schluss sein! Ab sofort herrscht Geschenkverbot. Das dachten wir zuerst. Aber nach ein paar Runden des Nachdenkens war doch klar: Das klappt nicht. Wie sollten wir das auch vermitteln?

Sollen wir unseren Kindern sagen: "Oma und Opa schenken euch dieses Jahr nichts. Wir haben es verboten." Da würden die Kinder doch antworten: "Aber wir waren doch so brav!" Und wir müssten natürlich erklären, dass Geschenke nichts mit brav sein zu tun haben dürfen, denn sonst wären es ja keine Geschenke, sondern Belohnungen: "Geschenke bekommt ihr einfach so. Weil wir euch lieb haben und es für euch schön ist, etwas zu bekommen, und für uns schön, etwas zu verschenken." Die Kinder würden dann logischerweise einwenden: "Aber warum bekommen wir dann nichts mehr von Oma und Opa, wenn schenken so schön ist? Haben sie uns nicht mehr lieb?"

Ja, so klappt das nicht. Schenken ist einfach zu schön und zu wichtig und gehört zu Weihnachten dazu, als dass man es verbieten könnte. Mein Kollege Nils Husmann hat in einer Kolumne auf einen Trend hingewiesen, der Abhilfe schaffen könnte. Statt noch mehr Spielsachen anzuhäufen, schlägt er vor: nachhaltige Geldanlagen unter den Weihnachtsbaum zu legen. Aber ich denke, da muss man schon ein junger Christian Lindner sein und nur Geld im Kopf haben, um sich als Kind über so ein Geschenk zu freuen.

Ein Geschenk muss demjenigen, der es bekommt, aber gefallen, sonst kann man es lassen. Ich habe mal eine Ziege in Afrika geschenkt bekommen. Genauer gesagt war das eine Art Gutschein, auf dem stand, ich hätte nun einer Familie geholfen, denn mit dem Geld für das Geschenk sei ihnen eine Ziege gekauft worden. Das ist zwar irgendwie eine gute Idee, aber freuen konnte ich mich darüber nicht. Gezwungenermaßen Gutes tun, ist irgendwie doof. Das muss schon von selbst kommen, damit es sich auch gut anfühlt.

Meine Frau und ich haben also weiter nachgedacht. Irgendwann kamen wir auf die Idee: Es muss etwas sein, das keinen Platz unter dem Baum wegnimmt und dennoch Spaß macht. Seitdem verschenken wir gemeinsame Aktivitäten. Aber es dürfen keine doofen Gutscheine sein, die dann doch nicht eingelöst werden. Es muss eine fest geplante Aktivität sein, die auch nicht verschoben werden kann. Konzertkarten für einen bestimmten Tag, ein Besuch im Freizeitpark an einem bestimmten fest ausgemacht Tag, Karten für ein Fußballspiel, ein Skikurs, Fallschirmsprung oder was auch immer. Der Geschenkflut unter dem Baum hat es bisher übrigens nicht wirklich etwas entgegengesetzt. Und so ein Baum mit lauter Geschenken sieht auch so schön aus.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.

Kolumne

Michael Güthlein
,
Konstantin Sacher

Michael Güthlein und Konstantin Sacher sind Väter: ein (1) und drei Kinder (10, 9, 6). Beide erzählen über ihr Rollenverständnis und ihre Abenteuer zwischen Kinderkrabbeln und Elternabend, zwischen Beikost und Ferienlager. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen; sie schreiben im Wechsel.