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Über den Krieg, die Zerstörung historischer Denkmäler und den Tod unschuldiger Kinder zu sprechen, ist immer schwierig.
Manchmal reichen die vorhandenen Worte nicht aus, um die Realität zu vermitteln, in der wir seit mehreren Jahren leben. Doch Kunst ist ein universelles Kommunikationsmittel zwischen den Nationalitäten und Sprachen, und sie macht den Dialog möglich, auch zu den kompliziertesten Themen.
In der Dresdner Frauenkirche wird diese Woche eine Ausstellung eröffnet, die genau das macht: Mit künstlerischen Mitteln über den Krieg reden.
"Stronger than Bombs" lautet der Titel. Die Schau wurde initiiert vom grenzüberschreitenden Journalismusnetzwerk "Network for Border Crosser Journalism". Zu sehen sind 20 großformatige Fotos: von zerstörten Kirchen, von der Rettung von Bildern oder von Tanzaufführungen mitten im Kriegsgebiet (so auch das Bild oben von den Ballett-Aufaufführungen in Lemberg/Lviv im Sommer 2022). Die Ausstellung "erzählt" davon, wie die Ukrainer*innen versuchen, trotz des Krieges weiterzuleben; wie sie trotz Bomben und Tod ihr religiöses Erbe schützen, wie sie Gemälde für die Nachwelt retten.
Für mich ist diese Ausstellung sehr bedeutend. Wie alle meine Landsleute bin ich verzweifelt. Der große Krieg in meiner Heimat dauert nun schon seit zweieinhalb Jahren an. Und wie alle anderen suche auch ich immer noch nach Möglichkeiten, möglichst genau und richtig zu erzählen, was wir gerade erleben.
Kunst hilft mir dabei.
Genau das habe ich, haben wir, bereits im ersten Monat des großen Krieges* fast instinktiv erkannt. Als Reaktion auf den akuten Schock und als unbedingte Notwendigkeit, der Welt von den Gräueltaten in unserer Heimat zu erzählen, entstanden zahlreiche Lieder, Gedichte, Gemälde, Fotos, Performances, Theateraufführungen und Filme.
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Was auf den ersten Blick überraschen wirkt, macht bei näherem Hinsehen absolut Sinn: Denn auch im Krieg geht das Leben weiter, aber fast in allen Bereichen fühlt es sich schärfer, heiterer und wertvoller an. Menschen, die in ihrem Land Krieg erleben, werden von einer extremen Gefühlslage in die nächste gerissen – manchmal innerhalb nur einer Stunde von größter Todesangst in lebens-pralle Freude. Um diese Belastung zu bewältigen, müssen die Gefühle "nach außen" ausgedrückt werden. Am allerbesten geht das mit künstlerischen Formen. Genau das passiert derzeit in der Ukraine. Tatsächlich bin ich sehr stolz darauf, wie viele kreative, tiefgründige und wichtige Projekte meine Landsleute in erarbeitet haben.
Und es ist wichtig, dass wir alle, Sie hier in Deutschland, aber auch wir in der Ukraine, diese Kulturprojekte sehen, darüber sprechen und uns austauschen. Denn es bedeutet, dass unsere Gefühle gehört werden, dass sie nicht in Stein (oder auf einem Foto) eingefroren sind sondern sich in lebendige Kunstwerke verwandeln. Es ist unser Dialog mit der Welt. Und ein qualitativ hochwertiger Dialog ist der Schlüssel zu einer gemeinsamen stabilen Zukunft.
**Der aktuelle Krieg Russlands gegen die Ukraine begann 2014 mit dem russischen Überfall auf den Donbass und die Ostukraine; vom " großen" Krieg sprechen wir ab Februar 2022, als das ganze Land von Russland angegriffen wurde.
Die Ausstellung "Stronger than Bombs" in der Dresdener Frauenkirche ist ab 12. September bis 20. November 2024 tgl. geöffnet. Eintritt frei. Gezeigt werden 20 großformatige Bilder, u.a. von Katya Moskalyuk, Maxim Dondyuk, Mykhailo Palinchak, Paula Bronstein und Emile Ducke.
Am 10. Oktober findet eine Diskussion zum Thema "Kultur im Krieg" statt. Am 25. Oktober wird der Dokumentarfilm "20 Tage in Mariupol", der dieses Jahr mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, gezeigt.