Was macht "Standing Together"?
Ido Setter: Wir verbreiten Hoffnung. Vielen Menschen klingt es zu abstrakt, wenn man sagt: Wir wollen den Krieg beenden. Denn das ist ja moralisch erst mal richtig . . .
. . . und was tun Sie ganz konkret?
Wir holen Menschen an einen Tisch, und zwar auch solche, die bisher mit viel Hass für die andere Seite durchs Leben gegangen sind. Dafür haben wir in ganz Israel 21 Vereine gegründet, in denen regelmäßige Treffen stattfinden. Der Zulauf ist riesig seit dem 7. Oktober! Dabei gibt es uns ja schon seit 2016. Aber jetzt kommen immer mehr Leute zu unseren Treffen. Hinzu kommen elf Studentenclubs, in denen sich Studenten aus der LGBTQ+-Szene sammeln, arabische Israelis sowie zugezogene Juden aus Russland oder dem Jemen. Wir bieten auch eine Help-Hotline für Palästinenser an, die verbal und physisch angegriffen wurden.
Ido Setter
Was ist das Besondere an Standing Together?
Unsere Mitglieder sind nicht nur die üblichen Pazifisten, manche passen erst mal so gar nicht in das typische Bild. Ultraorthodoxe Juden zum Beispiel und muslimische Frauen mit Hidschab. Sie alle wünschen sich Frieden und haben den Status quo satt. Sie suchen nach Wegen raus aus der Spaltung und rein in die Gemeinschaft.
Wie gelingt so ein Treffen?
Wir reden darüber, welche Gemeinsamkeiten es in den unterschiedlichen Religionen gibt, das schafft Verbindung. Alle wünschen sich Gerechtigkeit. Und viele sind wütend! Aber für uns steht an erster Stelle immer der Mensch und die daraus entstehende Solidarität. Bei den Treffen organisieren wir auch die Demonstrationen oder feiern gemeinsam die verschiedenen Feiertage. Manchmal schauen wir einfach nur einen Film. Das Wichtigste daran ist, dass wir uns regelmäßig treffen, das schafft Nähe.
Wofür ist die Help-Hotline von Standing Together genau da?
Die Wut in Israel auf Palästinenser und arabische Israelis ist groß wie nie. Manche werden auf der Straße angegriffen, nur weil sie arabisch sprechen, anderen wird aufgrund ihrer Herkunft der Job gekündigt. Wir haben die Hotline eingerichtet, damit die Opfer einen Ort haben, an dem sie in der Not mit jemandem sprechen können. Es geht weniger um eine Rechtsauskunft, sondern darum, dass die Opfer spüren und wissen, dass es da draußen Israelis gibt, die nicht so sind, die nicht so denken und die es aufs Schärfste verurteilen, was diesen Menschen angetan wird. Wir hören den Hilfesuchenden zu und sagen: "Das ist nicht richtig, was dir passiert ist. Du bist nicht allein."
Wie machen Sie das den Menschen klar, die Sie erreichen wollen?
Unser Motto lautet: "Nur Frieden bringt Sicherheit." Wir sagen: Wenn wir nicht heute anfangen, an einer friedlichen Zukunft zu arbeiten, werden zukünftige Generationen weiterhin in dieser unsicheren Welt aufwachsen. Damit kann sich fast jeder Israeli und Palästinenser identifizieren. Niemand würde sagen, die Zukunft meiner Kinder oder Enkelkinder ist mir egal.
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Konkret: Was müsste sich ändern, damit mehr Wirgefühl entsteht?
Es fängt mit der Sprache an. Die Regierung von Benjamin Netanjahu hat aber leider vor wenigen Jahren Arabisch als offizielle Landessprache Israels abgeschafft. Auf den Straßenschildern ist sie noch zu sehen. Doch in Zukunft wird es weniger geben. Auch wird in den meisten Schulen als erste Fremdsprache Englisch und danach Französisch oder Spanisch angeboten. Das ist absurd. Wenn beide Seiten die jeweilige Sprache des anderen lernen, würde das einen großen Unterschied machen.
Haben Sie Hoffnung auf eine friedliche Lösung?
Wir versuchen, die Wut, die es überall im Land gibt, an die Politik weiterzugeben. Im Moment sind wir zweifellos an einem Tiefpunkt angelangt. Vielleicht ist das unsere größte Chance. Vom Tiefpunkt aus kann es hoffentlich wieder bergauf gehen.