Was machen Sie?
Ich dolmetsche beim Internationalen Dolmetscherdienst Englisch, Französisch und Türkisch bei Elterngesprächen an Schulen, bei Beratungen für Frauen, besonders solchen, die Gewalterfahrungen gemacht haben, in Jugendämtern oder Ämtern, die Geflüchtete betreuen.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Die Stadt Ulm hat vor zehn Jahren begonnen, sich als internationale Stadt aufzustellen und hat viel dafür getan, um die Behörden interkulturell zu öffnen. Dazu gehört auch der Dolmetscherdienst, ein Pilotprojekt. Ich habe den Aufruf gelesen und fühlte mich gleich angesprochen.
Warum?
Chancengleichheit ist mir wichtig. Das funktioniert aber nur, wenn auch der sprachliche Zugang zu Angeboten gegeben ist. Ich bin in einem internationalen Stadtteil aufgewachsen. Deutsch, Französisch, Spanisch und Türkisch, das ist der Sound, der mich begleitet hat. Diese DNA bringe ich mit. Es ist mein Glück, wenn ich mich mitten in der Gesellschaft mit Menschen verbinden kann.
Was ist schön?
Die Lichtblicke, die wir schaffen! Ich darf beobachten, mit wie viel Herzblut sich viele Lehrer um die Kinder, aber auch Betreuer und Sachbearbeiter um Geflüchtete bemühen. Oft merke ich das schon an der Art, wie eine Anfrage an mich formuliert ist. Das steckt an! Und ich sehe es auch den Menschen an, die Hilfe in Anspruch genommen haben.
Ist mal was schiefgegangen?
Ein Elterngespräch. Die Mutter wollte keine Dolmetscherin, wurde wütend. Das habe ich respektiert und bin gegangen.
Welche Eigenschaften sind wichtig?
Gute Sprachkenntnisse, feine Antennen, sich schnell auf Menschen einstellen, aber auch Grenzen ziehen können. Wir haben in unserem Team regelmäßig Supervisionen, das ist sehr hilfreich.
Wie oft machen Sie das?
Sooft ich kann. Letzten Monat waren es zehn Mal, in anderen Monaten gar nicht. Das kann ich entscheiden. Die Schulen haben in der Schuljahresmitte rund um das Zwischenzeugnis am meisten Bedarf, darauf stellt man sich natürlich ein.
Was hat Sie anfangs überrascht?
Wie sehr man in Schulen und Flüchtlingsämtern für die Menschen kämpft. Leider ist die Bürokratie noch viel ausufernder, als ich mir ohnehin gedacht hatte.
Yasemin Arpacı, 49, engagiert sich in Ulm als Dolmetscherin