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Was für eine Wiederentdeckung! Die 1939 geborene Christine Wolter verließ 1978 die DDR Richtung Italien. 1982 veröffentlichte sie im ostdeutschen Aufbau-Verlag ihren Roman "Die Alleinseglerin", der auch dank einer Verfilmung zum großen Erfolg wurde. Er erzählt von der Literaturwissenschaftlerin Almut, die von ihrem Vater, einem Architekten mit allerlei Privilegien, ein Segelboot, einen sogenannten Drachen, übernimmt und gegen alle Vernunft versucht, dieses wieder auf Vordermann zu bringen. Beharrlich bewegt Almut sich in der aufreibenden Konstellation Büro/Kind/Studium/Boot und lernt, was es heißt, auf eigenen Füßen zu stehen – als "Alleinseglerin". Ein schnörkelloses Stück Emanzipation, ein bedeutender (DDR-)Roman.
Tamar Noort, Jahrgang 1976, rückt in ihrem Debüt eine angehende Kölner
Pastorin, Elke, ins Zentrum. Diese zweifelt mit einem Mal an ihrer Berufung und diagnostiziert an sich selbst eine "Gottesdemenz". Dem Wunsch ihres kranken Vaters, seine Nachfolge auf der Kanzel anzutreten, kann sie so nicht entsprechen. Stattdessen richtet sie ihr Leben neu aus, reflektiert über den Jahre zurückliegenden Tod ihres Bruders, bricht mit ihrem allzu perfekten Freund und schließt sich einer Motorradclique an, die eine Show in der "Todeswand" eines Motodroms vorbereitet. Alles verändert sich in Elkes Leben, zumal sich bei dem aufwendigen Spektakel ein folgenschwerer Unfall ereignet. Ein couragierter, vielversprechender Roman.