Neulich hörte ich an der Universität einen Vortrag von David Neuhaus, einem jesuitischen Priester und gebürtigen Juden. Er sprach über den christlich-jüdischen Dialog im Heiligen Land. In der anschließenden Diskussion ging es um den Israel- Palästina-Konflikt. Ich sagte, es scheine, als sei die israelische Politik gar nicht an einer Lösung interessiert. "Das ist sehr europäisch gedacht!", erwiderte Neuhaus. Man müsse erst einmal versuchen, überhaupt in diesem Wirrwarr zu überleben, so gut es geht. Nur mit kleinen Schritten könne man gesellschaftliche Veränderungen anstoßen.
Jonas Trodler
Ich studiere seit einigen Monaten an der Hebräischen Universität Jerusalem. Mich fasziniert in dieser Stadt so vieles: der helle Jerusalemstein, aus dem alle Häuser gebaut sind. Die wiederbelebte biblische Sprache. Der ost-westliche Kulturmix zwischen Falafel und Burger-Bar. Ich spüre auch das Klima der Angst. Sicherheit, Kontrollen, Abschottung – der Israel- Palästina-Konflikt ist für mich allgegenwärtig. Doch in den Gesprächen, die ich mit den Einheimischen führe, wirkt es eher so, als wollten sie ihn ignorieren. Viele Juden und Araber leben aneinander vorbei, sie begegnen sich bestenfalls mal auf ihren Arbeitsstellen oder beim Einkaufen. Sie sprechen auch nicht dieselbe Sprache.
In Jerusalem erfahre ich, wie wichtig das ist – die Sprache der anderen zu sprechen. Ich lerne Hebräisch. Und bin aber auch sehr gern in der deutschsprachigen Gemeinde in der Altstadt. Sprache verbindet, aber schafft auch Grenzen.