Wir haben jetzt 25 neue Kinder, Waisen des Krieges vom letzten Sommer. Sie sind verstört und verschlossener als die anderen, die schon länger hier im SOS-Kinderdorf leben. Einige haben noch Metall- oder Glassplitter unter der Haut von den Bombardierungen. Manche haben gesehen, wie ihre Eltern starben. Es ist schwer, an sie heranzukommen.
###autor###Ich arbeite und lebe hier mit meiner Frau und vier Töchtern. Wie froh waren wir am 26. August 2014, als uns die Nachricht vom Kriegsende erreichte! Das ganze Dorf tanzte, vor allem die Kinder waren glücklich: Endlich frei! Sie hatten während der 50 Kriegstage das Gelände nicht verlassen dürfen und mussten meistens in den Häusern bleiben. Nach der Freude aber kam die Ernüchterung: Der Krieg hatte Tausende Häuser völlig oder zum Teil zerstört, 2000 Menschen getötet, viele Kinder heimat- und elternlos gemacht. Normalerweise springt in der palästinensischen Gesellschaft die Großfamilie ein. Aber wer in Ruinen oder Flüchtlingsunterkünften ohne sauberes Trinkwasser und Sanitäranlagen lebt, schafft es kaum, noch jemanden aufzunehmen.
Die Lage wird nicht besser, sondern schlimmer: Das Meer ist verschmutzt von Abwässern, weil die Kläranlagen zerstört sind. Viele Kleinunternehmen machen zu, es gibt nichts mehr herzustellen oder zu verkaufen. Da Israel keine Baumaterial-Lieferungen in den Gazastreifen lässt, zerfallen die kaputten Häuser ganz.
Unter den Waisen sind zwei Brüder, zehn und acht. Mit den anderen Kindern sprechen sie nicht, aber mehr und mehr mit ihrer SOS-Mutter. Und sie haben etwas gefunden, womit sie sich richtig gern beschäftigen: Videospiele. Ich weiß, sie sollten sich lieber bewegen, Sport machen, um Aggressionen abzubauen und Freunde zu finden. Aber das braucht Zeit. Ich hoffe, dass ich sie irgendwann lachen sehe.