München (epd). Erlinger, der Buchautor, promovierter Jurist und Mediziner ist, schrieb in dieser Zeit mehr als 850 Texte, in denen er auf Fragen der Alltagsmoral und des Gewissens einging.
Viele Tausende Einsendungen hätten ihn erreicht, bis zu 100 Zuschriften pro Monat, sagte Erlinger dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag. Dennoch seien jede Woche neue Fragen gekommen. Aufgefallen sei ihm, dass viele Probleme einfach zu lösen gewesen wären, "wenn die Menschen miteinander sprechen würden". Vielen aber falle es schwer, sich in den anderen zu versetzen. "Nicht in der einfachen Form der Goldenen Regel: Wie man es selbst gerne hätte, wenn man in dieser Situation wäre. Sondern in die Position des anderen, in dessen Vorstellungen und Vorlieben, die von den eigenen grundverschieden sein können", sagte Erlinger.
Keine Scheu vor klaren Ansagen
Der Autor beantwortete Leseranfragen im diskursiven Stil, begründete philosophisch, wägte ab und scheute auch klare Ansagen nicht, wenn es darum ging, gesellschaftliche Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen. Er unterschied zwischen Höflichkeit und Etikette: "Höflichkeit ist etwas, das ich jedem Menschen zukommen lasse, um ihm zu zeigen, dass ich ihn wahrnehme, achte und respektiere", sagte er einmal im Interview. Etikette und Benimmregeln dagegen seien soziale Abgrenzungsmittel.
In seiner letzten Kolumne stellte Erlinger fest, dass "Gelassenheit und Gespür in vielen Situationen des Alltags wesentlich förderlicher für das Miteinander sind, als zu ergründen, ob man im Recht ist". Das SZ-Magazin bedankte sich in seiner Freitagsausgabe: "Seine klugen Gedanken zu den eingesandten Fragen haben das Heft jahrelang bereichert." Künftig wird die Autorin Johanna Adorján eine wöchentliche Kolumne im SZ-Magazin schreiben.