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Irgendwo am Rande von Tokio, da, wo die Häuser winzig und zerbrechlich sind, wohnt die Familie Shibata. Die Mutter arbeitet in einer Wäscherei, ihre Schwester in einem Stripclub, Großmutter hat eine kleine Rente. Vater Osamu und der Sohn Shota stocken das Einkommen durch Shoplifting, Ladendiebstahl, auf. Bei einem ihrer Streifzüge bemerken die beiden auf einem Balkon in einem Hinterhof ein frierendes, trauriges Mädchen. In einer fürsorglichen Aufwallung nehmen sie die Kleine mit nach Hause – zunächst nur, um ihr ein warmes Essen zu spendieren.
Doch bald fällt auf, dass Yuri misshandelt wurde, und obwohl die Shibatas annehmen müssen, dass nach ihr gesucht wird, bringen sie es nicht übers Herz, sie zurückzubringen. Aus einer Mahlzeit werden viele. Yuri wächst allmählich in ein neues Leben hinein – ein Leben, das trotz Armut, trotz innerer Konflikte und äußerem Druck glücklich zu sein scheint. Die Familie in ihrem historischen Wandel ist immer eines der großen Themen des japanischen Kinos gewesen. Der renommierte Autorenfilmer Hirokazu Kore-eda setzt diese Tradition eindrucksvoll fort.
In "Shoplifters", der in Cannes die Goldene Palme gewann, entwirft er, an der Grenze des klassischen Sozialrealismus, ein besonders komplexes, für den Zuschauer bis fast zum Ende geheimnisvolles Beziehungs-Patchwork. Was hier Familie konstituiert, sind nicht die biologischen Verhältnisse, die "Blutsbande". Es muss aber etwas sehr Haltbares sein, denn die prekäre soziale Situation, der tägliche Stress bei der Beschaffung des Notwendigsten –Instantsuppen, Reisknödel, ein paar Orangen - zwingen die Shibatas nicht in die Knie. Im Gegenteil: Die Beziehungen, die Erwachsene und Kinder miteinander und untereinander knüpfen, wachsen im Verlauf der Geschichte. Sie gründen sich auf freiwillige Bindung, auf Empathie und Solidarität. Und so entfaltet sich ein utopisches Moment, eine faszinierend umfassende Vorstellung von "Verwandtschaft": In ihrer Offenheit kann die Familie in "Shoplifters" zu einem Vorbild für Gesellschaft werden.
Produktion: Kaoru Matsuzaki, Hijiri Taguchi, Akihiko Yose, Japan 2018
Regie und Drehbuch: Hirokazu Kore-eda
Kamera: Kondo Ryuto
Schnitt: Hirokazu Kore-eda
Darsteller: Lily Franky, Sakura Ando, Mayu Matsuoka, Sosuke Ikematsu
Dauer: 121 Min.
Verleih: Wild Bunch Germany
Kinostart: 27.12.2018
Die Jury der Evangelischen Filmarbeit ist ein unabhängiges Gremium. Evangelische Werke, Verbände und Einrichtungen benennen in vierjährigem Turnus die acht Mitglieder der Jury. Sie erfüllt ihren Auftrag im Rahmen des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik gGmbh. Sie hat bis heute über 750 Spiel- und lange Dokumentarfilme als Filme des Monats ausgezeichnet, die sich durch ihre herausragende Qualität zur Diskussion anbieten und Impulse zu verantwortlichem Handeln geben. Sie setzt damit Maßstäbe für eine anspruchsvolle Bewertung des jeweils aktuellen Kinoangebots.
Die Jury zeichnet Filme aus, die dem Zusammenleben der Menschen dienen, zur Überprüfung eigener Positionen, zur Wahrnehmung mitmenschlicher Verantwortung und zur Orientierung an der biblischen Botschaft beitragen. Sie berücksichtigt dabei die filmästhetische Gestaltung, den ethischen Gehalt und die thematische Bedeutsamkeit des Films. Keiner dieser Aspekte darf allein Ausschlag gebend sein; sie sollen vielmehr in ihrer wechselseitigen Beziehung bewertet werden. Zur Nominierung eines jeden Films veröffentlicht die Jury eine Begründung, die auch im Internet abgerufen werden kann.