Der Anblick seiner Bäume muss in Korbinian Aigner ein Gefühl des Triumphs geweckt haben. Dem katholischen Pfarrer war es gelungen, während seiner Gefangenschaft im KZ Dachau zwischen zwei Baracken vier neue Apfelsorten zu züchten. Heimlich hatte er über die Jahre seiner Gefangenschaft Stecklinge hochgezogen – Gemeindemitglieder hatten ihm Kerne ins Lager geschmuggelt. Vielleicht half ihm dieser stille Protest, die Entbehrungen der Haft zu überleben. Nach dem Willen der Nationalsozialisten hätte Aigner im Kräutergarten des KZs eigentlich Gemüse für das deutsche Volk anbauen sollen. Doch er hatte schon immer seinen eigenen Kopf.
Als ältestes von elf Kindern sollte der 1885 in Hohenpolding geborene Aigner den elterlichen Hof übernehmen. Doch er wollte lieber Pfarrer werden. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 1911 dauerte es allerdings 20 Jahre, bis er seine erste Pfarrstelle in Sittenbach antreten durfte. Vielleicht, weil er seine Erfüllung nicht nur in der Theologie suchte, sondern auch in der Apfelzucht. Sein Interesse zeigt sich in seinen Apfelbildern: Rund 650 postkartengroße Aquarelle von Äpfeln und fast 300 Bilder von Birnen malte Aigner während seines Lebens, so entstand eines der größten pomologischen Bildarchive überhaupt.
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Im Buch "Äpfel und Birnen" (Verlag Matthes & Seitz Berlin), herausgegeben von Judith Schalansky, sind Aigners Zeichnungen abgebildet.
Die Biographie "Korbinian Aigner. Ein bayerischer Pfarrer zwischen Kirche, Obstgarten und Konzentrationslager" von Peter J. Brenner befasst sich ausführlich mit Aigners Leben und Leidenschaft.
Sein Bildarchiv erbte die TU-München, wo die Bilder im Historischen Archiv lagern. 2012 wurden sie auf der Documenta in Kassel ausgestellt.