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Der Sommer ist vorbei. Viele Menschen haben ihn dieses Jahr als einen „nassen Herbst“ gefühlt und erlebt, vor allem wenn sie – wie ich mit meiner Familie – ihre Ferienwochen im August auf einer Nordseeinsel verbrachten. Täglich neu wurden unsere Hoffnungen auf einen wolkenlosen blauen Sommerhimmel, auf Sonnenschein und laue Sommernächte enttäuscht. Und täglich neu haben wir mit dem Stoßseufzer „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ gegen alle düsteren Wetterprognosen auf einen strahlend schönen Strandtag gehofft.
„Gestorben an der Hoffnung“, so war in diesen Regentagen ein Kommentar zum Flüchtlingselend an den Grenzen unserer Europäischen Union überschrieben (Heribert Prantl in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 3. 8. 2011). Diese Gedanken riefen mir die Hoffnung ins Bewusstsein, die mehr und anderes ist als meine Urlaubssehnsucht nach schönerem Wetter und Sommergefühlen.
"Das Mittelmeer - ein Massengrab"
Ich las zwischen den Zeilen von der Hoffnung, die als eine zutiefst menschliche Kraft die eigene Zukunft nicht preisgibt. Von der Hoffnung also, die Menschen nicht ohne existenzielle Wünsche und Erwartungen dahinvegetieren lässt, sondern sie immer wieder neu ermutigt, sich nicht abzufinden mit Not und Elend, mit Unrecht und Unterdrückung.
Und ich las von Menschen, die an dieser Hoffnung sterben: „Das Mittelmeer ist ein Massengrab: Seit Jahresbeginn sind dort 1820 Tote gezählt worden. Sie waren Bootsflüchtlinge auf dem Weg nach Europa;... sie sind erfroren in der Kälte der europäischen Flüchtlingspolitik. Die gezählten und die ungezählten Toten sind auch an ihrer Hoffnung gestorben. Diese Hoffnung bestand darin, die Not hinter sich zu lassen und in Europa Freiheit und ein besseres Leben zu finden.“
Hoffnung bezeugen wir Christenmenschen als eine unverzichtbare Dimension unseres Glaubens. „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei...“, so schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth und gibt uns Zeugnis von einer Hoffnung, die nicht stirbt und nicht mit allem Irdischen vergeht: von der österlichen Hoffnung, die sich auf das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi gründet und deshalb allen Todesmächten dieser Welt standhält.
„Gestorben an der Hoffnung – erfroren in der Kälte der europäischen Flüchtlingspolitik“ – das schreit nach Widerspruch und Widerstand von uns Christenmenschen. Denn Hoffnung ist uns eine Lebenskraft.
"Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen"
Hinzu kommt: Unser Gott hat die Flüchtlinge lieb! „Der Herr, euer Gott... hat die Fremdlinge lieb. Darum sollt auch ihr die Fremdlinge lieben“, heißt es im 5. Buch Mose (10,17 ff). Und Jesus Christus erzählt uns in seinem Gleichnis vom Endgericht, dass er als Weltenrichter zu den von Gott Verfluchten sprechen wird: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich nicht aufgenommen“ (Matthäusevangelium 25,43a).
Ein Europa, das sich auf seine jüdisch-christlichen Wurzeln beruft, muss zu einer anderen Flüchtlingspolitik finden. Zu unserem biblischen Erbe passt es einfach nicht, so viel Kraft und Geld in den Ausbau der „Festung Europa“ zu stecken. Wer fremde Menschen abwehrt und die eigene Bereitschaft abtötet, Fremde aufzunehmen, der verstößt gegen Gottes Gebot. Und ich füge hinzu: Er verletzt auch seine eigene Menschenwürde.
Besinnen wir uns auf unsere biblischen Wurzeln – um Gottes und um der Hoffnung willen! Das wurde mir neu klar in meinen verregneten Sommerurlaubstagen.