Goslar, Bergisch-Gladbach (epd). Jeder sitze bei zunehmender Verkehrsdichte für sich allein hinter seiner Windschutzscheibe, sagte der Experte von der Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch-Gladbach am Rande des Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Man kennt die anderen Leute nicht, es sind Fremde", sagte Holte. Das lasse die Hemmschwellen sinken. "Es fehlt eine vernünftige Kommunikation, mit der man Konflikte lösen kann." Aggressivität im Straßenverkehr ist eines der Themen beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag mit rund 1.800 Fachleuten, der bis zum Freitag in der Harzstadt läuft.
Nach einer im September 2019 veröffentlichten Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach beklagen 90 Prozent der Befragten im Alter zwischen 30 und 59 Jahren ein rücksichtsloses und aggressives Verhalten auf den Straßen. Die Umfragen könnten allerdings nur einen gefühlten Wert widerspiegeln, sagte Holte. Repräsentative Verkehrsbeobachtungen zu diesem Thema seien zu kostenintensiv.
Ratschlag: Emotionen herunterkühlen
Auch Missverständnisse und Vorurteile unter den Fahrern hätten oft Ärger und Aggressionen zur Folge, erläuterte der Psychologe. "Es gibt einen Sumpf von gegenseitigen Erwartungen, die völlig daneben liegen können." So werde etwa vorsichtiges oder unkorrektes Fahren von anderen Fahrern häufig falsch gedeutet und auf sich bezogen. Diese seien dann der Meinung, das Verhalten sei gegen sie gerichtet. Stress und Zeitdruck verschärften die Situation noch zusätzlich. Viele Fahrer hätten nicht gelernt, mit Zeitmanagement umzugehen.
Wer sich von anderen Autofahrern bedrängt fühle, solle seine Emotionen herunterkühlen, rät der Experte. "Man sollte gelassen und ruhig bleiben und sich sagen: Sei auf der Hut! Wenn es jetzt eskaliert, kann es gefährlich werden." Der Psychologe räumte ein: "Da muss man ein bisschen an sich selbst arbeiten." Entspannende Musik im Auto könne dabei helfen. Auch die Verkehrserziehung und vor allem die Fahrschulen seien hier gefragt.
Spiegel der Persönlichkeit
Laut Holte spiegelt sich die Persönlichkeit eines Fahrers oder einer Fahrerin auch hinter dem Steuer wider. "Es hat mit dem Lebensstil zu tun." Wenn jemand dazu neige, Dominanz zu zeigen und Raum und Zeit zu beanspruchen, werde er das auch im Auto tun. "Er will Macht zeigen, das Auto dient seinem eigenen Ziel."