Der Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus 2019 geht an ein Rechercheteam um Oliver Schröm (Correctiv) und Christian Salewski ("Panorama") für die trimediale Berichterstattung über die sogenannten Cum-Ex-Files.
16.10.2019

Das teilte die Otto Brenner Stiftung am Mittwoch in Frankfurt mit. Neben "Zeit", "Zeit Online", dem ARD-Magazin "Panorama", NDR Info und dem gemeinnützigen Recherchebüro Correctiv waren an der Aufdeckung und Veröffentlichung des Cum-Ex-Steuerbetrugs weitere 19 europäische Medien aus zwölf Ländern beteiligt. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

"Hunderte von Tätern beraubten über Jahre die Staatskassen in zwölf europäischen Ländern um geschätzte 55 Milliarden Euro, aber die Strafverfolgung blieb im Klein-Klein nationaler Behörden hängen", schrieb die Jury zur Begründung. Die Journalisten und Journalistinnen hätten aufgedeckt, "wie die Maschine für den Massenbetrug am Steuerzahler im Herzen der Finanzindustrie operierte". Sie seien der organisierten Kriminalität mit dem Besten begegnet, was guter Journalismus leisten könne: "akribische und mutige Recherche, und das in europaweiter Vernetzung über alle Grenzen und Medien hinweg".

Den mit 5.000 Euro verbundenen 2. Preis der Stiftung erhält Ulrich Wolf für die Artikelserie "Bautzen-Report" in der "Sächsischen Zeitung". Der Reporter beschreibe am Beispiel der Stadt Bautzen, wie wenige, aber einflussreiche Akteure ausreichen, um den öffentlichen Diskurs in einer Gemeinde ganz weit nach rechts zu verschieben, hieß es zur Begründung. Um deren Machenschaften aufzudecken, benötigten Journalisten heute Mut, nicht nur im Osten. "Wolf bringt diesen Mut auf, wenn er mit unbedingtem Willen, akribisch und mit beeindruckender Hartnäckigkeit schwierig zu recherchierende Strukturen aufdeckt", erklärte die Jury. Zusammen mit der Lokalredaktion Bautzen sei ihm "ein vorbildliches Stück Lokaljournalismus gelungen".

"Spezial-Preis der Jury" für Ulrike Herrmann

Mit dem 3. Preis wird das im Deutschlandfunk gesendete Feature "Draußen. Vom Leben wohnungsloser Familien in Berlin" von Autorin Marie von Kuck ausgezeichnet. Kuck nehme die Hörer mit auf eine Reise in den Alltag betroffener Berliner Familien, zeige Empathie und bewahre doch den nüchternen Ton der Journalistin, lobte die Jury. Preiswürdig sei auch "die Machart dieser sorgfältigen Radiodokumentation". Das Feature, koproduziert von RBB und SWR, sei "der Musterfall einer modernen Sozialreportage".

Mit dem "Spezial-Preis der Jury" für pointierte Meinungsbeiträge und kluge journalistische Interventionen, dotiert mit 10.000 Euro, wird zudem die Berliner Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann ausgezeichnet. Sie mache Ökonomie zu einer Sache, bei der man mitreden könne, "weil sie die Scheu vor den komplexen Zusammenhängen aus der Welt des Wirtschaftens nimmt", urteilten die Juroren. Die Wirtschaftshistorikerin und Redakteurin der "taz" sei eine "Wirtschaftsweise im besten und eigentlichen Sinn".

Innovative und wegweisende Medienprojekte

Ein Newcomerpreis, dotiert mit 2.000 Euro, geht an die 25-jährige Isabell Beer. Ihr Beitrag "Josh wuchs behütet auf. Mit 15 verfiel er den Drogen. An Stoff zu kommen war nicht schwer. Er hatte ja Facebook" erschien Ende Januar in "Zeit" und "Zeit Online".

Im Wettbewerb um die Brenner-Preise zeichnet die Jury auch innovative und wegweisende Medienprojekte aus. 2019 geht der Medienprojektpreis (2.000 Euro) an das Team von "STRG_F", den journalistischen YouTube-Kanal der ARD-Sendung "Panorama". Er zeigt nach Auffassung der Jury beispielhaft, dass junge Menschen auf YouTube nicht nur mit Katzenvideos und Tutorials zu erreichen sind, sondern auch für investigative Dokumentationen begeistert werden können, die politisch informieren und für gesellschaftliche Kontroversen sensibilisieren. Der Kanal gehört zu Funk, dem jungen Angebot von ARD und ZDF. Die Otto Brenner Stiftung vergab auch 2019 wieder drei Recherche-Stipendien, die mit jeweils 5.000 Euro dotiert sind.

Die 15. Preisverleihung findet am 19. November in Berlin statt. Die Jury wählte aus 561 Einsendungen die Sieger aus. Dem Gremium gehörten unter anderen der Hamburger Professor für Qualitätsjournalismus, Volker Lilienthal, die Leiterin der Deutschen Journalistenschule, Henriette Löwisch, sowie der Kolumnist und Autor Heribert Prantl ("Süddeutsche Zeitung") und WDR-Moderatorin Isabell Schayani an.

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