Marlehn Thieme ist Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates
epd-bild/Norbert Neetz
Die "Zeit der Gemütlichkeit" sei für die Medienkontrolleure in öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien vorüber, sagt die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats.
06.06.2019

Die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Marlehn Thieme, hat die Notwendigkeit der Programmaufsicht öffentlich-rechtlicher Medien im digitalen Zeitalter betont. Angesichts der Herausforderungen durch neue mediale Vermittlungsformen müssten Kontrollgremien ihre Arbeitsweise überdenken, sagte Thieme am Donnerstag bei den Südwestdeutschen Medientagen in Landau. Die Juristin gehört auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an. Die "Zeit der Gemütlichkeit" sei für die Medienkontrolleure in öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien vorüber.

"Stein der Weisen noch nicht gefunden"

Bei seiner Arbeit halte sich der ZDF-Fernsehrat, der sich aus 60 Personen wichtiger gesellschaftlicher Gruppen zusammensetzt, an drei Grundregeln, erläuterte Thieme. Die Mitglieder müssten über die Arbeit der journalistischen Programmmacher gut informiert sein, sich offen und vertrauensvoll mit ihnen austauschen und zugleich Distanz zu ihnen und den Geschäftsführungen der Medienhäuser wahren. Wie Medienkontrolle aber angesichts neuer digitaler Herausforderungen aussehe, sei letztlich unklar: "Wir haben den Stein der Weisen noch nicht gefunden", sagte Thieme.

Zwar zeige die junge Generation nur wenig Interesse an dem auf ein eher älteres Publikum abgestimmtes öffentlich-rechtliches Unterhaltungsprogramm, sagte Thieme. Doch sei es für die über Rundfunkgebühren finanzierten Sender eine Chance, dass viele junge Menschen deren digitale Informationsangebote gerne nutzten. Auf dem sich "dramatisch veränderten Medienmarkt" müssten die Öffentlich-Rechtlichen bei der Entwicklung digitaler Angebote "mitschwimmen und neue Produkte entwickeln", sagte sie.

Mitwirkung der großen Kirchen verteidigt

Die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats verteidigte die Mitwirkung der beiden großen Kirchen, die jeweils zwei Vertreter in das Gremium entsandt haben. Die Kirchen als noch immer größte zivilgesellschaftliche Akteure trügen durch ihre Mitkontrolle zur Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei. Für die Kirchen sei es wichtig, dass über eine professionelle journalistische Berichterstattung die Meinungsbildung bei den Menschen gefördert und deren "Gewissen geschärft" werde. Medien müssten Hintergründe von Ereignissen erklären und den Menschen auch Orientierungshilfe geben.

Die Medientage sind eine Kooperation der Evangelischen Akademie der Pfalz und der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Partner sind SWR2, SR 2 KulturRadio, das Frank-Loeb-Institut an der Universität Koblenz-Landau sowie der Deutsche Journalisten-Verband Rheinland-Pfalz. Tagungsort ist das Protestantische Bildungszentrum Butenschoen-Haus in Landau.

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