Münster (epd). Der frühere Bundesbehindertenbeauftragte Hubert Hüppe sieht großen Aufholbedarf bei der Inklusion in Kirche und Gesellschaft. "Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung hat, obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland seit zehn Jahren verbindlich ist, eher wieder Rückschritte gemacht", sagte der CDU-Politiker der katholischen Wochenzeitung "Kirche+Leben" in Münster. Heute seien so viele Menschen in Sondereinrichtungen untergebracht wie nie zuvor.
"Inklusion gilt fast als Unwort", beklagte Hüppe. Viele sagten, sie seien für Inklusion, um anschließend zu erklären, warum es bei ihnen nicht gehen würde. Auch der katholischen Kirche warf er vor, dass sie "noch nicht verinnerlicht hat, dass Teilhabe ein Menschenrecht und keine Gnade ist".
Mehr Barrierefreiheit in den Gottesdiensten
Hüppe appellierte an die Kirchen, bei der Inklusion voranzugehen. Dazu gehöre allgemein mehr Barrierefreiheit in den Gottesdiensten. So sollten auch für Blinde Gebetbücher in Punktschrift ausliegen. Nötig wären auch Gebärden-Dolmetscher. Weiter schlug Hüppe Predigten in leichter Sprache vor: "Es wäre doch toll, wenn wir gemeinsam Eucharistie feiern, wir sind doch eine Gemeinde!" Kirchliche Jugendfreizeiten sollten seiner Meinung nach grundsätzlich offen für alle sein.
Nach Ansicht von Hüppe werden Menschen mit Behinderung bereits im Kindesalter diskriminiert, wenn sie nicht dieselbe Einrichtung wie ihre Altersgenossen ohne Behinderung besuchen. "Natürlich brauchen diese Kinder besondere Förderung", betonte der 62-Jährige, der von 2009 bis 2013 Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen war. "Das Prinzip der Inklusion ist aber, dass die Förderung dem Menschen folgt und nicht andersherum."
Durch das "System der Sondereinrichtungen" entstünden Berührungsängste, sagte Hüppe. "Wenn aber ein Unternehmer nicht weiß, wie man einen blinden Menschen oder einen Menschen ohne Arme begrüßt, weil er es nie gelernt hat, wird er ihn auch nicht einstellen", erklärte der CDU-Politiker.