Berlin (epd). Bremen und Niedersachsen lassen als erste Bundesländer die Nachwuchsorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), vom Verfassungsschutz beobachten. Darüber informierten am Montag zeitgleich der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (beide SPD). Die JA kritisierte die Ankündigung scharf. Die Bundesregierung blieb unterdessen bei ihrer skeptischen Haltung zu Forderungen nach einer Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) forderte aber eine weitgehende Beobachtung von Teilen der Partei.
Pistorius sagte in Hannover, seine Entscheidung sei in der vergangenen Woche "nach intensiver Prüfung - ungeachtet der Ereignisse in Chemnitz - gefallen". Bei der JA in Niedersachsen handele es sich "um eine verfassungsfeindliche Organisation im Sinne des niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes". Sie vertrete ein Weltbild, in dem Minderheiten wie Einwanderer, Asylbewerber, Muslime, politische Gegner oder Homosexuelle pauschal abgewertet und diffamiert würden.
Personelle Verbindungen zu "Identitärer Bewegung"
Es gebe ideologische und personelle Überschneidungen nicht unerheblicher Art mit der "Identitären Bewegung", die bereits seit 2014 vom Verfassungsschutz beobachtet werde, fügte Pistorius hinzu: "Dadurch wird eine strukturelle Nähe zum organisierten Rechtsextremismus unverkennbar." Insgesamt offenbare die JA Niedersachsen eine repressive, autoritäre und antipluralistische Zielsetzung, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte.
Mäurer sagte nach einer Durchsuchung beim stellvertretenden Landesvorsitzenden der JA in Bremen, Marvin Mergard: "Die Botschaften dieser Gruppe sind teils Rassismus pur." "Chemnitz hat in diesem Zusammenhang keine Rolle gespielt", betonte auch der Bremer Innensenator. Ob auch die AfD in Bremen künftig beobachtet werden solle, werde derzeit intensiv geprüft.
Der Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, Dierk Schittkowski, sagte, es bestünden "tatsächliche Anhaltspunkte" dafür, dass die Junge Alternative im Land Bremen verfassungsfeindlich und rechtsextremistisch handele. So hätten sich Hinweise auf personelle Verbindungen zur "Identitären Bewegung" in Bremen verstärkt.
Sicherheitsbehörden entscheiden über Beobachtung
Der JA-Bundesvorsitzende Damian Lohr sagte, weder einzelne Landesverbände, noch die Junge Alternative als Ganzes seien verfassungsfeindliche Organisationen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzten. Vielmehr sei die JA "von der Überzeugung getragen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Souveränität Deutschlands durch unser Handeln zu verteidigen".
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Montag in Berlin, derzeit lägen die Voraussetzungen einer Beobachtung der Partei als Ganzes nicht vor. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Voraussetzungen seien gesetzlich festgeschrieben. Die Sicherheitsbehörden müssten entscheiden, "wann was getan werden muss".
"Behandeln wie andere Verfassungsfeinde auch"
Das Innenministerium verwies auf Paragraf 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Danach greift eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden unter anderen bei "Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind".
Bundesjustizministerin Barley betonte, Teile der AfD agierten offen verfassungsfeindlich. "Sie müssen wir behandeln wie andere Verfassungsfeinde auch und entsprechend beobachten lassen", sagte sie dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".