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Ich esse gern Obst. Allerdings nur, wenn es schön angerichtet vor mir steht. Unsere Kinder sind genauso. Obwohl, eigentlich essen sie sogar lieber Obst als ich. Aber sie nehmen es sich genauso wenig wie ich einfach aus dem Obstkorb. Also stelle ich ihnen – das habe ich hier schon mal geschrieben – jeden Morgen Obst zum Frühstück hin. Fast immer essen sie es gern.
Aber dann bleiben doch mal ein paar Stücke Apfel oder Kiwi oder Pfirsich übrig. Das liegt meistens daran, dass sie eine braune Stelle haben. Sie schieben das Obst dann ganz unauffällig etwas zur Seite und frühstücken so lange, dass sie sich beeilen müssen, um den Bus zu bekommen und keine Zeit mehr für eine Diskussion darüber ist, ob man das Stück nicht doch essen sollte. Sie wissen, ich finde schon, dass man das essen kann. Aber ich möchte es auch nicht essen.
Eigentlich finde ich, dass so eine kleine braune Stelle oder Delle kein Grund ist, das Obst wegzuwerfen, und möchte ihnen das auch so beibringen. Nur: Ich ekele mich vor angedatschtem Obst. Klar, es gibt Unterschiede. Ein kleiner brauner Pips macht mir nichts, aber wenn die Stelle größer ist, urgh, dann geht nichts.
Ich weiß natürlich, dass das Quatsch ist. Und ich finde diese Eigenschaft von mir blöd und möchte sie nicht weitergeben. Also überwinde ich mich manchmal und esse ein Stück mit brauner Stelle, um zu zeigen: geht doch!
Die Reaktion der Kinder: Sie freuen sich, allerdings nur darüber, dass sie das angedatschte Stück nicht mehr essen müssen. Insofern war diese Taktik bisher null erfolgreich.
Es regt mich generell auf, wenn die Kinder zu pingelig sind. Ein anderes Beispiel ist das Schulessen. Laut Speiseplan soll es am Montag, dem ersten Tag nach den Ferien, "Eier-Omelette mit Salzkartoffeln und Rahmspinat" oder "Hähnchenfrikadelle mit Reis und Lauchgemüse" geben. Ich frage mich zwar, ob es auch andere Formen von Omelette gibt und man deswegen "Eier" dazuschreiben muss, aber ansonsten klingt das nach einem vernünftigen Speiseplan – zumal alles bio ist. Trotzdem erzählen die Kinder immer, dass es in der Schule nicht geschmeckt habe und sie deswegen abends bitte etwas Warmes essen wollen.
Das könnte ich natürlich auch als Kompliment an die Kochkünste meiner Frau und mir sehen, aber es ärgert mich eher, weil ich es unter "Pingeligkeit" verbuche. Wir in der chrismon-Redaktion gehen mittags oft in die nahegelegene Uni-Mensa. Da ist nicht alles bio und unter dem Aspekt "das Auge isst mit" auch nicht gerade ein Highlight, aber trotzdem essen wir dort immer ganz brav.
Jetzt fühle ich mich an den elenden Spruch erinnert: "Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt." So meine ich das natürlich nicht, denn damit kann man Kinder für ein Leben schädigen. Denn niemand isst gerne etwas, was einem einfach nicht schmeckt.
Aber es gibt ja auch einen Zwischenbereich: Etwas, das nicht so toll ist, das man aber schon essen kann. Auch diesen Bereich lehnen die Kinder ab, denke ich. Wobei das auch etwas Gutes haben könnte, denn gesamtgesellschaftlich scheint das größere Problem zu sein, dass die Menschen zu viel schlechtes Zeug essen und nicht zu wenig.
Aber das Schulessen ist bestimmt nicht schlecht, sondern vielleicht einfach nur nichts Besonderes. Und die Kinder sind einfach pingelig.
Manchmal geht es aber auch anders. Dann denke ich: Vielleicht ist Pingeligkeit Teil des innerfamiliären Machtspiels - und ob etwas gegessen wird, ist doch eher eine Frage der Motivation. Manchmal nimmt unsere Tochter sich eine Banane, die schon bräunlich ist, und isst sie demonstrativ mit allen braunen Stellen. Wahrscheinlich weiß sie, dass ich das nicht könnte – wobei ich sowieso keine Bananen esse, seit ich mal einen schlimmen Bananenalbtraum hatte. Aber das erzähle ich ein andermal.