Susanne Breit-Keßler
Zu viel Zucker und schädigt den Zahnschmelz...
Rhabarberzeit
Früher wurde einem gerne von den Müttern erklärt, was alles gesund ist. Die hatten das von unseren Omas – richtiger wurde es dadurch auch nicht immer. Heute muss man manche überkommenen hausfraulichen Einsichten etwas differenzierter betrachten
15.05.2024
3Min

Es ist sehr befriedigend, in fortgeschrittenem Alter zu erfahren, dass man schon als Kind Recht gehabt hat. Ha! Rhabarber – allein das Wort! – ist zwar nicht schädlich. Aber auch nicht ganz so gesund, wie unsere Mütter uns weismachen wollten. Meine hatte in unserem Gärtlein an der Mietwohnung ein Beet mit diesem Zeug. Angeblich sehr bekömmlich. Doch Vorsicht... 

Seine Oxalsäure ist für Kinder und Menschen mit Gicht, mit Gallen- und Nierenproblemen bedenklich. Sie attackiert den Zahnschmelz und die Zahnoberfläche. Sieh mal einer an. Was hilft es da, dass er wenig Kalorien hat? Mir fällt sofort eine Menge anderes Gemüse ein, das auch nicht dick macht und tausendmal besser schmeckt. Erbsen, gelbe Rüben, Petersilienwurzel, Pastinaken... Also alles, was ich mag. 

Außerdem hauen die Freunde des Gewächses aus der Himalaja-Region sowieso haufenweise Zucker in Töpfe oder Backformen, um den Rhabarber genießbar zu machen. Da ist dieser Platzvorteil mit den geringen Kalorien gleich vergeben. Spinat, den ich ebenfalls nicht besonders gut leiden kann, ist auch so eine Sache. Sehr wichtig für dich, tönte meine Mutter. Natürlich, weil sie Spinat im Beet neben dem Rhabarber großzog. Welche Freude...

Für Kleinkinder kann das Nitrat im Spinat gesundheitsgefährdend werden, weil der Stoff, in Nitrit umgewandelt, den Sauerstofftransport im Blut behindern und zu Blausucht führen könnte. Bevor die Zwerge drei Jahre alt sind, sollten sie, wenn überhaupt, nur frisch gekochten Spinat bekommen oder solchen aus einem Gläschen. Spinat intensiv unter fließendem Wasser waschen und dann blanchieren hilft, den Nitratgehalt zu senken. 

Diese Nachrichten untermauern auf sachliche Weise meine Abneigungen. Früher hatte ich solche Argumente leider nicht zur Hand und musste das essen, was auf den Tisch kam. Immer noch wundern sich die meisten meiner Freunde und Freundinnen, weil sie sowohl Rhabarber als auch Spinat leidenschaftlich gerne essen. Beides, so sagen sie, sei köstlich – und verweisen auf Restaurants, die ihre Speisekarten damit schmücken. 

„De gustibus et coloribus non est disputandum“ heißt es in der mittelalterlichen Theologie. Ein Wort, das der berühmte Jurist und Gastrosoph Brillat-Savarin im 18. Jahrhundert erst so richtig bekannt machte. Über Geschmäcker und Farben kann man nicht streiten - sie sind so vielfältig wie subjektiv. Richtig gut allerdings, so finde ich zumindest, ist der Käse, der nach dem Feinschmecker benannt ist.

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Er schmeckt sahnig und cremig, leicht säuerlich und hat ein zartes Champignonaroma. Die Milch wird vor der Käseherstellung mit Crème Fraîche angereichert. Da hätte ich eine Idee: Aus 130 gr Buchweizenmehl, 30 gr Butter, einem Ei und etwas Wasser salzigen Galetteteig machen, mit Rhabarber und Rosmarin belegen und backen. Oder einen Belag herstellen aus Spinat, kurz gedünstet mit Zwiebeln und Knoblauch. 

Am Schluss den Brillat Savarin darüber schmelzen. Nicht zu knapp. Wir haben ja gelernt, dass die beiden vitamin- und mineralstoffreichen Gemüse kalorienarm sind. Wer keinen Zucker verwendet, kann mehr Käse nehmen. Ich gehe jetzt auf unseren Bauernmarkt und besorge Rhabarber oder Spinat. Wenn es den Feinschmeckerkäse nicht gibt, nehme ich Ziegenfrischkäse.  Weiß auf rot oder grün. Über Farben und Geschmack lässt sich nicht streiten. 

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.