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„Rapunzel, Rapunzel, lass mir dein Haar herunter.“ Was habe ich als Kind gekichert, wenn jemand einen Reim aus diesem Satz machte, der mit „herunzel“ endete. Ansonsten ist das Märchen, aus dem er stammt, nicht ganz so lustig. Eine Frau erwartet nach langem Sehnen endlich ein Baby. Sie bekommt Heißhunger auf die herrlich frischen, grünen Rapunzeln im Garten der Nachbarin. Sie schickt ihren Mann los, den Salat zu holen, der in Schwaben Acker- und bei den Bayern Vogerlsalat heißt.
Blöderweise ist die Nachbarin eine Hexe: Gothel! Sie erwischt den Mann und nötigt ihm das Versprechen ab, ihr das Kind nach der Geburt auszuliefern. Sie wird gut dafür sorgen, verspricht sie ihm. Genau das geschieht. Nur dass Gothel die zwölfjährige Rapunzel in einen Turm sperrt, um sie vor der Welt zu schützen. Vor jedem Besuch ruft die Hexe dem Mädchen zu, es möge sein Haar herunter lassen, damit sie daran hinaufklettern kann. Das entdeckt auch ein Prinz … Es kommt, wie es kommen muss.
Die Verliebten werden von Gothel getrennt. Rapunzel kommt in eine Wüstenei, wo sie ihre Zwillinge, die sie vom Prinzen erwartet, großzieht. Der Liebste selbst erblindet bei einem Sturz in die Dornen, den die Hexe verursacht. Er irrt jahrelang herum, bis er Rapunzel wiederfindet. Ihre Tränen heilen seine Augen, und beide kehren in sein Königreich heim. Ende gut, alles gut. Ich bin zwar nicht schwanger, aber ich liebe Feldsalat. So heißt er auch. Und ich habe ihn in unserem Balkonkasten ausgesät. Erfolgreich, wie ich gerade feststelle.
Über den Winter hat er gekeimt. Und wächst jetzt wie das Haar von Rapunzel - nicht golden, sondern grün, auch keine zehn Meter lang, sondern nur wenige Zentimeter. Dafür kann man ihn wirklich essen und er schmeckt wunderbar. Rapunzel haben viel Vitamin C, dazu die Vitamine A, B und E. Es ist gut, wenn man die feinen, entzündungshemmenden Blättchen nicht in großen Mengen isst. Sie enthalten ordentlich Oxalsäure, die in hoher Konzentration den Nieren schadet. Und sie bindet Calcium im Körper.
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Alles, was wirkt, hat eben auch Nebenwirkungen. Trotzdem ist der selbst angebaute Rapunzelsalat eine Köstlichkeit. Am besten ganz einfach angerichtet, pur oder ergänzt von aromatischen Kirschtomaten und Gurken. Kombiniert mit einem Dressing aus süßem Senf, gemischt mit etwas Sauerrahm und einem Klecks Mayonnaise. Rapunzel, Rapunzel … Meine Haare lasse ich nicht wachsen. Sie sind kurz. Aber dadurch bleiben mir böse Hexen vom Hals. Und der Prinz ist ja schon in der Wohnung.
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