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Man kann leicht den Überblick verlieren. Die AfD produziert mit all ihren Skandalen und Entgleisungen so viele Nachrichten, dass man aus den Augen verliert, wofür sie eigentlich steht. Wahrscheinlich ist das gewollt. Deshalb ist es notwendig, daran zu erinnern, was das Zentrum des Streits mit dieser Partei bildet.
Die AfD ist nicht nationalsozialistisch in dem Sinne, dass ihr Grundprinzip ein pseudo-wissenschaftlicher Rassenbiologismus wäre, wie bei der NSDAP damals (auch wenn nicht auszuschließen ist, dass einzelne AfDler eine gewisse Sympathie dafür haben). Vielmehr vertritt sie einen kulturalistischen Ethnizismus, also die Vorstellung, dass es in sich geschlossene, kulturell homogene Völker gebe beziehungsweise geben solle. Nicht eine Verfassung und die aus ihr folgende Rechtsordnung sollen bestimmen, was eine Nation ausmacht und wer ihr angehört, sondern das Volk an und für sich.
Das ist der Unterschied zwischen "Volk" und "völkisch". In einem demokratischen Rechtsstaat gibt sich ein Volk eine Verfassung und bindet sich an diese. Von nun an bestimmen allein die Verfassung und das Recht, wer Staatsbürger ist (jeder, der einen Pass hat) und wie er leben soll – frei im Rahmen der Rechtsordnung und der guten, sich wandelnden Sitten. Genau dagegen richtet sich der ins Völkische gewendete Slogan "Wir sind das Volk": Eine Gruppe behauptet, das Volk zu sein, und alle, die irgendwie anders sind, ausschließen zu dürfen.
Zwar behauptet die AfD in einem ihrer Programme: "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen." Doch wie der Correctiv-Journalist und Buchautor Markus Bensmann nachweist, ist eben dies nicht der Fall. Da wird eine "biokulturelle Volkseinheit" beschworen und davon geträumt, Staatsbürger mit einer Einwanderungsgeschichte irgendwohin wegtransportieren zu dürfen.
Das widerspricht nicht nur mit einer abstoßenden Gewaltlust der Verfassung. Es ist auch im Kern unreflektiert und widersprüchlich. Denn das eine, in sich homogene deutsche Volk hat es nie gegeben. Dafür waren die historischen, konfessionellen, sozialen, kulturellen und sprachlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen viel zu groß (und sind es zum Teil immer noch). Deshalb kommen AfDler sofort aus dem Tritt, wenn sie positiv sagen sollen, was denn "deutsch" sei.
Lesetipp: Michel Friedman über uns "Schlaraffen" und die AfD
Aus diesem Grund brauchen sie die Fremden – nicht nur, weil Fremdenfeindlichkeit immer zieht, sondern weil der Hass auf Einwanderer, Flüchtlinge und Asylsuchende ihnen die Chance gibt, die eigene Leere zu überspielen. So endete ein Gespräch mit einem AfDler, das ich vor einigen Jahren geführt habe, damit, dass er auf meine Frage, was denn für ihn "deutsch" sei, stammelte: "nicht Islam".
Das ist armselig und gefährlich. Deshalb möchte ich zum Schluss an einen Gedanken erinnern, den der Dichter Reiner Kunze schon vor 30 Jahren formuliert hat: Es gehe darum, Nationalität nicht ethnisch oder religiös, sondern politisch zu definieren, und zwar demokratisch-politisch – sonst "werden andere in dieser Nation lebende ethnische und religiöse Gruppen nie die volle Gleichberechtigung erhalten können". Mir scheint, dass man das meiste der medialen Erregungsproduktion der AfD getrost übersehen kann, wenn man nur auf den Unterschied von "Volk" und "völkisch" achtet.
P.S.: Eigentlich wollte ich meinen "Kulturbeutel" an diesem Sommer schließen und in den Sommer schicken. Aber mit der AfD aufzuhören, ist wenig erbaulich. Deshalb folgt am kommenden Freitag noch etwas rein Erfreuliches.
P.P.S.: In den NDR-Glaubenssachen habe ich gerade ein Essay über christliche Naturfrömmigkeit in Zeiten des Klimawandels veröffentlicht (zum Nachhören oder Nachlesen).
Die AFD ist genau die…
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Die AFD ist genau die Antwort auf die Ignoranz, den Egoismus und die selbstgefällige DEMOKRATIE, derer sich alle so loben, die vor allem sich selbst in den Fokus der Betrachtung setzen !
Volk oder völkisch sind leider nur politische Worthülsen, die ausbeutbar sind.
Schauen Sie in den Spiegel, Herr Clausen, und Sie werden fündig.