Lotomau Fiafia wurde 1952 auf der Insel Kioa/Fidschi geboren. Im August 2023 steht er mit seinem Enkel John im Meer, ungefähr dort, wo die Uferlinie verlief, als er jung war
Lotomau Fiafia, Jahrgang1952, seht auf der Insel Kioa/Fidschi mit seinem Enkel John im Meer - ungefähr dort, wo die Uferlinie verlief, als er jung war
Eddie Jim / The Age via Getty images
Globale Klimapolitik
Zeigt endlich politische Führung!
Immer nur Streit um den Klimaschutz? Von wegen! Eine Umfrage zeigt: 80 Prozent der Menschen auf der Welt fordern, dass ihre Regierungen sie besser vor der Erderwärmung schützen. Was lässt sich daraus lernen?
Tim Wegner
24.06.2024
3Min

Momentan machen sich Fußballvergleiche ganz gut. Ich habe mal nachgeschaut, wie viel Kohlendioxid 2006, zur Zeit des "Sommermärchens", in der Atmosphäre war (ermittelt an der Messstation Mauna Loa auf Hawaii und angegeben in parts per million, kurz ppm): Im August 2006 lag dieser Wert bei 381,44 ppm. Jetzt, beim Sommermärchen II, sind es etwa 422,59 ppm. Das ist eine Zunahme um gut zehn Prozent. Die Folgen sehen wir bei uns, Stichwort: Hochwasser. Aber auch in anderen Ländern. Bei der Hadsch in Mekka sollen über 1000 Pilger bei einer Hitze von mehr als 50 Grad gestorben sein.

Die Klimakrise lässt sich nicht mehr ignorieren. Das unterstreicht auch das Ergebnis einer Umfrage, die das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in Auftrag gegeben hat. Dabei waren 73.000 Menschen in 77 Ländern befragt worden. Weltweit sagen fünf von vier Menschen, also satte 80 Prozent, dass ihre Regierung mehr Anstrengungen unternehmen sollte, um der Klimakrise zu begegnen ("Should your country strengthen or weaken its commitments to address climate change?"). In Deutschland stimmten allerdings "nur" 67 Prozent der Befragten zu, dass die Bundesregierung mehr tun müsse.

Die Umfrage ist in vielerlei Hinsicht sehr interessant, drei Lehren lassen sich ziehen.

  1. Die Menschen erkennen das Problem. Weltweit. Viele Medien aber geben Argumenten der Bedenkenträger sehr viel Raum. Zwar gibt es nicht mehr viele Menschen, die das Problem plump leugnen. Dafür aber umso mehr, die wirksame Problemlösungen – wie etwa den konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien – zu verzögern versuchen. Sicher, einschneidende Veränderungen erfordern in einer Demokratie harte Debatten. Das muss und soll so sein. Aber viele Medien unterschätzen offenbar den Rückhalt, den eine wirksame Klimapolitik eigentlich hat. Mehr Mut! Besser, als prinzipielle Bedenken ("Ist das alles viel zu teuer? Können wir uns Klimaschutz leisten?") in den Vordergrund zu stellen, wäre es, konstruktiv über einzelne Lösungsansätze zu berichten. Also nicht: "Wärmepumpe, ja oder nein?" Sondern: "Wärmepumpen – wie können auch Mieterinnen und Mieter sie nutzen?" Auch eine viel breitere Berichterstattung zu "klima-sozialen" Themen wie dem Klimageld wäre unbedingt wünschenswert und im Lichte der Umfrageergebnisse auch angebracht.
  2. Warum fällt die Zustimmung zu strikteren Maßnahmen in Deutschland geringer aus als im Rest der Welt? Vermutlich sind in anderen Weltgegenden bereits weit mehr Menschen direkt von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Und: Deutschland hat mit dem Gebäudeenergiegesetz erstmals Klimapolitik bis zum Heizungskeller betrieben, die direkt Entscheidungen der Menschen beeinflusst hat. Gasheizung oder Wärmepumpe? Das war sehr konkret und hat viele Menschen aufgebracht, wobei die Aufregung offenkundig orchestriert wurde.
  3. Weltweit erkennen Menschen das Problem. Wird es konkret, nimmt die Kritik an Klimaschutzmaßnahmen aber zu. Wer die vielen Menschen, die sich Sorgen in Zeiten großer Veränderungen machen, mitnehmen will hin zu wirklicher Veränderung - einer nachhaltigen Dekarbonisierung, sodass die Welt in Zukunft ohne Kohle, Öl und Gas auskommt -, muss gut kommunizieren und erklären. Kurz: Staatsfrauen und -männer müssen entschlossen politische Führung zeigen und Ziele benennen, die zu konstruktiven Debatten einladen.

Das Ziel ist klar: Die Menschheit will die menschengemachte Erderwärmung begrenzen. Das ist eine gute Nachricht. Aber wie kommen wir mit welchen Schritten dem Ziel näher? Das ist die spannende Frage!

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Kolumne

Nils Husman

"Wir müssen die Schöpfung bewahren!“ Da sind wir uns alle einig. Doch was heißt das konkret? Nils Husmann findet, wer die Schöpfung bewahren will, sollte wissen, was eine Kilowattstunde ist oder wie wir Strom aus Sonne und Wind speichern können – um nur zwei Beispiele zu nennen. Darüber schreibt er - und über Menschen und Ideen, die Hoffnung machen. Auch, aber nicht nur aus Kirchenkreisen.