Illustration einer schwangeren Frau, die auf einem Bett im Krankenhaus sitzt. Ein Schatten in Form eines Menschen, mit Schere in der Hand, beugt sich über sie
Viele Frauen empfinden nicht abgesprochene, medizinische Eingriffe bei der Geburt als Gewalt
Barbara Ott
Gewalterfahrungen bei der Geburt
"Aufgeschnitten und zugenäht"
Eine Geburt tut weh, und immer wieder erleben Mütter dabei Gewalt. Körperliche und psychische Gewalt, auch Mangel an Aufmerksamkeit zählt die Journalistin Lena Högemann dazu
Aktualisiert am 16.10.2024
5Min

"Was machen Sie da?", frage ich die beiden Ärztinnen, während ich mein ­Baby auf dem Arm halte. Vor ­wenigen Minuten haben sie es mit einer Saug­glocke aus meinem Körper ­gezogen. Die Assistenzärztin sagt: "Wir ­mussten schneiden, wir nähen Sie jetzt." Aufgeschnitten und zugenäht. An der intimsten Stelle meines Körpers. Ohne mein Einverständnis, ohne mich zu informieren. Der Schock darüber saß tief, monatelang. Monate später in einem Gespräch mit dem Chefarzt und der Oberärztin erklärte man mir, dass dieser Dammschnitt Routine war. Dammschnitte werden bei knapp 15 Prozent aller vaginalen Geburten vorgenommen.

Sehr viele Frauen erleben wie ich Gewalt bei der Geburt ihres Kindes. Forschende unterscheiden zwischen körperlicher und psychischer ­Gewalt. Körperliche Gewalt bei der Geburt sind medizinische Eingriffe und Medikamentengabe ohne das Einverständnis der Frau. Psychische Gewalt besteht aus abfälligen Bemerkungen und Beschimpfungen, die Gebärenden werden lächerlich gemacht. Die betroffenen Frauen vergessen diese Momente nie.

Ich habe mit dreißig Müttern und Vätern über das gesprochen, was sie bei der Geburt ihres Kindes erlebt haben. Ein Eingriff, der viele Frauen belastet, ist der Kristeller-Handgriff. Dabei werfen sich im schlimmsten Fall die Hebammen oder die Ärztin auf den Bauch der gebärenden Frau. Betroffene Frauen sprechen davon, dass ihnen das Baby aus dem Bauch gedrückt wird. Das Kristellern kann auch für die Gesundheit der Frau ­negative Folgen haben, es kann unter anderem zu tiefen Dammrissen oder Verletzungen des Schließmuskels kommen. Deshalb ist der Eingriff in der Fachwelt hochumstritten. Wie oft und warum der Kristeller-Handgriff überhaupt angewendet wird, ist unklar, denn sein Einsatz muss nicht dokumentiert werden. In deutschen Geburtskliniken wird Kristellern trotzdem angewandt.

Ärztinnen und Ärzte zeigen in vielen Fällen wenig Empathie und sind komplett in ihren Routinen eingespannt. Eine Mutter erzählte von ihrem Kaiserschnitt – immerhin jede dritte Geburt ist mittlerweile ­solch eine Operation. Sie lag auf dem OP-Tisch, ein Assistenzarzt nähte sie nach dem Eingriff zu. Und sie hörte die Oberärztin zu ihm sagen: "Machen Sie schnell. Die Naht muss nicht perfekt sein, sie ist ja nicht im Gesicht." Aussagen wie diese zählen zur verbalen Gewalt, der Gebärende ausgesetzt sind.

Auch Vernachlässigung kann für betroffene Eltern gewaltvoll sein

Und auch Hebammen helfen den Frauen oft nicht so, wie sie es eigentlich sollten. ­Eine Mutter berichtete mir, dass sie bei der Geburt sehr wenig Betreuung hatte. Dann sagte eine Hebamme zu ihr: "Wenn du dich dabei sicherer fühlst, kann ich meine Unterlagen holen und hier bei dir bleiben und hier meinen Papierkram machen. Dann stehen wir das zu­sammen durch." Die Frau und ihr Partner waren glücklich, endlich nicht mehr allein sein zu müssen. Die Hebamme ging aus dem Kreißsaal, um ihre Unterlagen zu holen, und kam nicht wieder. Warum, sagte sie nicht. Die werdenden Eltern konnten es nicht fassen, so im Stich gelassen zu werden. Auch Vernachlässigung wie diese kann für betroffene Eltern gewaltvoll sein, unabhängig davon, ob die Hebamme diese Intention hatte.

Aber warum gibt es überhaupt Gewalt in der Geburtshilfe? Was sind die Gründe dafür, dass sich Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Pflegekräfte häufig so über das Selbstbestimmungsrecht der Frauen hinwegsetzen und nicht im Blick haben, was Frauen für eine gute ­Geburt brauchen? Sie brauchen ­einen respektvollen Umgang und eine zugewandte Begleitung ebenso wie echte Einbindung in die Entscheidungen rund um die Geburt. Im System Geburtshilfe kommt einiges zusammen, das nicht gut ist. Finanziert werden Geburtsstationen bisher mithilfe sogenannter Fallpauschalen. Das bedeutet konkret, dass eine Klinik mit komplizierten Geburten, bei ­denen viele Eingriffe ­vorgenommen werden, viel mehr Geld verdient als mit natürlichen Geburten ohne Interventionen.

Sternenkinder: Lesen Sie hier, wie ein Vater beinahe an dem Tod seines Kindes zerbricht.

Das Ganze hat auch eine ­juristische Dimension: Wenn es einer ­Anwältin gelingt nachzuweisen, dass beispielsweise ein Kaiserschnitt nicht ­notwendig war, bekommt die Frau ­einige Tausend Euro Schmerzensgeld. Wenn aber der sehr seltene Fall eintritt, dass ein Kind durch die Geburt Sauerstoffmangel erleidet und als ­Folge behindert ist oder sogar verstirbt, liegt die Schadenssumme im Millionenbereich. Den Kliniken wird dann vorgeworfen, nicht früh genug in die Geburt eingegriffen zu haben. Die Geburtsmediziner stehen also ­unter enormem Druck, nicht alle können damit umgehen.

Es wird zu früh und zu viel inter­veniert. Die Hierarchie auf den Geburtsstationen spielt ebenfalls eine Rolle. Junge Hebammen, die ­Geburten anders begleiten wollen, ­haben wenig Chancen, ihr Wissen auch anzuwenden, weil der Arzt die letzte Entscheidung hat.

Zu den Gründen für die aktuelle Situation gehört auch diese Entwicklung: Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich die Anzahl der Geburts­stationen fast halbiert. Frauen haben deshalb viel weniger Auswahl für den Geburtsort ihres Kindes. Außerdem ­arbeiten viel zu wenige Hebammen im Krankenhaus. Eine Befragung unter Hebammen hat 2019 gezeigt, dass eine Hebamme im Schnitt drei Frauen gleichzeitig betreut.

Der Stress und die konstante Überarbeitung vieler Hebammen, Ärztinnen und Ärzte hat eine weitere ­Folge: Das medizinische Personal landet im sogenannten Coolout, sie stumpfen völlig ab und in der Folge können sie gar nicht mehr empathisch handeln. Dieses Phänomen wurde erstmals bei Pflegekräften beobachtet. Auch Hebammen und Ärzte können so abstumpfen.

Es sollte nur eingegriffen werden, wenn es medizinisch notwendig ist

Es läuft also vieles schief in der Geburtshilfe. Aber das kann man ändern. Die Geburtshilfe in Deutschland muss besser finanziert werden, von mehr Personal begleitet werden, das nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft handelt. Ärztinnen und Ärzte müssen lernen, dass Geburten ein natürlicher Prozess sind, in den nur eingegriffen werden sollte, wenn es medizinisch notwendig ist oder die Frau es wünscht.

chrismon Spendenabo doppeltgut
doppeltgut
Digitales Spendenabo abschließen und weiterlesen

4 Wochen gratis testen, danach mit 10 € guten Journalismus und gute Projekte unterstützen.
Vierwöchentlich kündbar.

Infobox

Albtraum Geburt:
Im ZDF-Format "Die letzte Bank - Fragen an das Leben" war Lena Högemann zu Gast und erzählt dort "vom schlimmsten Tag ihres Lebens".

Permalink

Ähnliche Erfahrungen machte ich auch ohne Geburt. Als Schmerzpatientin wurde ich von den Ärzten nicht ernst genommen, man ließ mich nicht ausreden, der Ton der Ärzte war kurz angebunden, unfreundlich und sehr abwertend. Man unterstellte mir, nur versorgt werden zu wollen. Ich wurde kaum untersucht, aber mit Schmerzmitteln vollgepumpt, die Gabe von Oxicodon wurde von der Schwester geleugnet, obwohl eindeutig. Außerhalb der Visite war kein Arzt zu sprechen. Eine notwendige OP wurde mir verweigert, die durchgeführte Behandlung war wirkungslos. Das wurde bestritten, selbst im Bericht stand, dass ich erfolgreich behandelt worden sei. Rezepte wurden auf die falsche Krankenkasse ausgestellt und ich unversorgt am Freitag Nachmittag nach Hause entlassen, obwohl weiterhin nicht gehfähig mit unerträglichen Schmerzen. Ich war suizidal an diesem Wochenende, überlebte nur dank ein sehr guten Freundin, die mich psychisch betreute. In einem anderen Krankenhaus wurde später der notwendige Eingriff mit Erfolg vorgenommen. Ich litt wochenlang unter einer Posttraumatischen Belastungestörung mit Flashbacks und Weinkrämpfen. Eine Änderung des Arztberichtes wurde abgelehnt. Auf meine ausführliche schriftliche Beschwerde über all diese Fehler und die schlechte Behandlung erhielt ich nie eine Antwort. Mehr Gewalt durch ärztliches und pflegerisches Personal geht fast nicht.

Permalink

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Högemann, dieser Brief bezieht sich auf den Artikel „ Aufgeschnitten und zugenäht „ Zuerst hat mich die polemische Überschrift aufhorchen lassen, die ich so von einer „ZEIT“ Beilage nicht kenne.
Es tut mir sehr leid, dass Sie die Geburt ihres Kindes in traumatischer Erinnerung haben.
Ich bin seit 40 Jahren Hebamme und ich möchte hier eine Stimme sein für all meine Kolleginnen die täglich engagiert in der Geburtshilfe tätig sind und mit viel Empathie werdende Eltern begleiten.
30 Frauen und Männer sind keine repräsentative Gruppe bzw Studienlage.
Sie verurteilen Dammschnitt, Kristeller Handgriff und Saugglocke. Eine routinemäßig durchgeführte Episiotomie gibt es schon lange nicht mehr und wird auch in der S3 Leitlinie zur vaginalen Geburt nicht empfohlen. Eine Berechtigung findet sie jedoch bei niedrigen kindlichen Herztönen- bei drohendem Sauerstoffmangel für das Kind. Dann ist es eine Rettungsmaßnahme , um das Kind schnell aus der Enge zu befreien. Eine Saugglocke mit Dammschnitt und Kristeller Hilfe ( die in jeder Geburtshilflichen Dokumentation als Rubrik hinterlegt ist ) spricht genau für so einen Fall.
Ich hoffe sehr, Ihr Artikel wurde von keiner Schwangeren gelesen, da er nur Angst vor der Geburt auslöst, besonders durch Sätze wie „ Arzt und Hebamme werfen sich auf den Bauch der gebärenden Frau „ Debatten über selbstbestimmte Geburt - was auch immer das heißt- gibt es genug und Forderungen für einen besseren Betreuungsschlüssel und höhere Bezahlung kenne ich schon seit 40 Jahren.
Es nimmt mir nicht die Freude am Beruf , den ich mit Achtsamkeit und Respekt mit 60 noch genauso gerne ausübe wie mit 20Jahren.
Kurz: schlecht recherchiert, reisserisch aufgemacht und beängstigend!
Birgit Frantz
Klinik Hebamme seit 40 Jahren

Permalink

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Chrismon-Redaktion,

zwar bin ich kein Abonnent von Chrismon Plus, lese (bisher) aber immer gerne die den deutschen Tageszeitungen monatlich beigelegte Version. Bis dato war ich immer positiv beeindruckt von fast allen Artikeln, die dort veröffentlicht wurden. Ich war auch überzeugt, dass diese sorgfältig recherchiert sind und die behandelten Themen differenziert dargestellt werden.

Allerdings war ich von dem Artikel "Aufgeschnitten und zugenäht" in der Mai-Ausgabe sehr enttäuscht. Einen derartig einseitigen und undifferenzierten Artikel hätte ich in Ihrer Zeitschrift nicht erwartet. Als Ehemann, der seit 25 Jahren mit einer Hebamme verheiratet ist, glaube ich dieses Thema differenzierter beurteilen zu können.
Ich würde der Autorin empfehlen, sich durch Gespräche gerade mit Hebammen, die in der klinischen Geburtshilfe arbeiten, ein differenziertes Bild von Geburtshilfe und Hebammenarbeit zu machen. Sollte dies für die Autorin zu aufwändig sein, kann ich auch die Serie „Push“ auf ZDF Neo oder in der ZDF-Mediathek empfehlen. Hier kann man auf einfachem Weg einen realitätsnahen Einblick in den Alltag der Hebammen-Arbeit bekommen und somit auch das Geschehen in der Geburtshilfe differenzierter beurteilen.

Die eigenen, persönlichen Wunschvorstellungen bei einer Geburt zum allgemeingültigen Standard für die Geburt zu erheben und Gespräche mit 30 Personen (bei ca. 700.000 Geburten in Deutschland jährlich) als repräsentativ darzustellen, ist keine sorgfältige journalistische Arbeit, sondern eine rein persönliche Meinungsäußerung.

Schöne Grüße

Florian Schuster

Permalink

Es ist unverständlich und unerträglich, dass Ärzten, Hebammen und dem Personal Gewalt bei der Geburt unterstellt wird. Eine Geburtsklinik und ein Kreißsaal ist kein Streichelzoo. Das Personal hat einen Auftrag zu erfüllen und arbeitet nach medizinischen Leitlinien. Jede Geburt birgt ein gewisses Risiko und es geht immer um das Leben der Mutter und des Kindes. Manchmal ist schnelles Handeln angesagt, ohne Aufkärung. Der Dammschnitt ist harmloser und verheilt besser, als ein Dammriß
Bei meiner ersten Gegurt bin ich dem Oberarzt heute noch dankbar für diesen Kristeller-Handgriff, somit wurde mein Sohn gesund geboren.
Bei der Prothetik bei einer Kinie-TEP wurde mir dann wohl auch Gewalt angetan, wenn gesägt und gehämmert wurde, dies merkte ich als ich in der Narkose kurz aufwachte, dies hatte man mir vorher auch nicht gesagt.

Mit Verlaub gesagt man muß "die Kirche auch mal im Dorf lassen"!

KInderkrankenschwester i.R.

Beate Müller

Permalink

Sehr verehrte Frau Ott,

als gelegentlicher „Zeit“ - Leser fiel mir Ihr Magazin „Chrismon“ mal wieder in die Hände. Entfremdet bin ich über den Artikel “Aufgeschnitten und zugenäht“ (05.24):
Schon das Bild des Artikels zeigt, wie tendenziös doch Fr. Hegemann über die Geburt berichtet. Mein Zwillingsbruder ist Gynäkologe, des öfteren hat er glücklicherweise zum Wohle des Kindes eine „selbstbestimmte“ Geburt assistiert. (Es geht nicht nur um das Wohl der Mutter!) Dem med. Personal den respektvollen Umgang bei der Geburtsbegleitung generell abzusprechen - no comment.
Den Dammschnitt als Gewalt zu bezeichnen gleichzeitig jedoch die Tötung des ungeborenen Lebens (geht noch mehr Gewalt?) als Recht auf körperliche Selbstbestimmung zu definieren - so etwas in einem christlichen Magazin zu lesen befremdet mich doch sehr!
Quo vadis?

Mit freundlichen Grüßen
M.Odendahl

Permalink

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Artikel
Lena Högemann - "Aufgeschnitten und zugenäht" 15.5.2024:
Die Ausweitung des Begriffs "Gewalt", wie sie im Artikel dargestellt wird, halte ich für unangemessen, und der allgemeine Sprachgebrauch wird unschärfer.
Die Überwachung eines natürlichen Vorgangs, einer Geburt, im Krankenhaus ist ein Kompromiss, damit Notfallmaßnahmen für Mutter und Kind ermöglicht werden. Eine Krankenhausbehandlung unterliegt dem Maßstab "ausreichend, wirtschaftlich und zweckmäßig", was nicht immer unseren Erwartungen entspricht.
Hilfe benötigen vor allem die, die sich selbst am wenigsten behelfen können. Manchmal sind andere gerade wichtiger.
So sehr ich die geschilderten Erlebnisse nachvollziehen kann - man stelle sich einmal in die Schuhe des Gegenübers (Pflege, Hebammen, ÄrztInnen) und nehme deren Blickwinkel ein (s.auch Gastbeitrag HAZ am 20.10.2023: Petra Bahr: "Öfter mal die Perspektive wechseln") - dann würde man sich vom Vorwurf der Gewalt sehr betroffen fühlen, selbst wenn man Fehler gemacht hat.
Aufgefallen ist mir im Artikel, wie wenig miteinander gesprochen wurde - teils monatelang. Das sollten wir ändern, aber der Vorwurf der Gewalt scheint mir den notwendigen Dialog mehr zu verhindern als zu ermöglichen, dazu wäre ernsthaftes Bemühen um das Gegenüber hilfreicher.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Cramer

Permalink

Der Artikel zeigt mal wieder, wie wichtig es ist, sich auch organisatorisch auf die Geburt vorzubereiten, sich genau zu überlegen, wo frau ihr Kind bekommen will. Kostendruck, Zeitmangel, Fachkräftemangel und schlechte Arbeitsbedingungen schmälern die Qualität der Geburtenstationen in den Krankenhäusern offenbar stark. Das sollte jede Schwangere wissen und sich dann bewusst entscheiden, wo das Kind zur Welt kommen soll, um nicht traumatisiert die folgenden Monate zu verbringen, die sich die Mutter eigentlich zu 100% dem Neugeborenen widmen sollte.

Viele Grüße!

Steffie Haddenga

Permalink

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit zunehmender Verärgerung habe ich Ihren Beitrag „Aufgeschnitten und zugenäht“ gelesen. Er impliziert, dass viele, wenn nicht die meisten, Hebammen und Gynäkologen wenig zugewandt, wenn nicht gar verachtend und bewusst verletzend mit den ihnen anvertrauten Patienten umgehen.

Die von Ihnen beschriebenen Vorfälle haben sich sicher so zugetragen. Sie schreiben, Sie haben mit 30 Eltern gesprochen bei über 600 000 Geburten im Jahr 2023 in Deutschland. Ich frage mich ernsthaft wie viele Paare davon wohl positive Erfahrungen gemacht haben, mit zugewandten, hilfsbereiten Ärzten und Hebammen. Ich jedenfalls habe in 5 Schwangerschaften erlebt, dass mir die Hebammen und Ärzte mit all ihrem Wissen und ihrer Erfahrung nach bestem Wissen und Gewissen zur Seite standen.

Meine Schwiegermutter war freiberuflich tätige Hebamme und bei all ihren Müttern, das waren über 3000 im Laufe der Jahre, äußerst beliebt und angesehen. Seit 15 Jahren ist mein Tochter Hebamme in einer großen Klinik. Was sie von der Unvernunft mancher werdender Mütter berichtet, gibt mir sehr zu denken. Kürzlich wurde dem Kaiserschnittwunsch einer werdenden Mutter stattgegeben, nur weil der Geburtstermin: 04.042024 ja ach so schön ist. Das Kind war nach Einschätzung der Hebamme durchaus noch nicht reif und wird sich möglicherweise lange schwer tun, die Nachteile der erzwungenen Frühgeburt aufzuholen.

Die hohe Arbeitsbelastung der Hebammen und die nicht bezahlbaren Versicherungsleistungen für eine Niederlassung sind ein gesellschaftliches Problem, das nur mit der Bereitschaft gelöst werden könnte, mehr Geld für Geburten bereitzustellen.

Die Selbstbestimmung von uns Frauen bezüglich unseres Körpers ist immens wichtig und ich denke in der allermeisten Fällen ist in gegenseitiger Achtung zwischen Arzt und Patient ein Konsens zu erzielen.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Borowski