Im Jahr 1938 hatte die evangelische Kirche eine besondere Losung: "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit" – ein Bibelvers aus dem Brief an die Hebräer (13,8) als Motto für das ganze Jahr. Der Vers sollte in dieser historischen Lage den Glauben stärken und die unverrückbare Geltung der christlichen Botschaft betonen: das Vertrauen in die universelle Liebe und Güte Gottes, die der Jude Jesus aus Nazareth gelehrt und vorgelebt hatte.
Eduard Kopp
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzten Nazitrupps 1400 Synagogen und jüdische Versammlungsräume sowie Tausende Geschäfte jüdischer Besitzer in Brand, verwüsteten jüdische Friedhöfe. Sie misshandelten Jüdinnen und Juden, ließen sie verhaften oder gar töten. Die Reaktionen aus den Kirchen waren kläglich: Statt eines weltweit vernehmbaren Aufschreis waren nur vereinzelte, verhaltene Proteste zu hören.
"Gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit"
Der Bibelvers vom Christus "gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit" war und ist Motto für kirchliche Jubiläumsfeiern und Gedenkveranstaltungen. Er schmückt Kirchen und Festschriften.
"Unser Glaube überdauert alle historischen Veränderungen", das ist die Botschaft darin. 1938 sollte sie ein warnender Appell gegen nationalistischen Menschenhass werden. Nach dieser Reichspogromnacht bekam die Jahreslosung für viele einen anderen Klang – als betone sie die Überlegenheit des christlichen Glaubens über jeden anderen Glauben.
Jesus Christus sei Ebenbild des unsichtbaren Gottes, heißt es in der Bibel (Kolosser 1,15). Reden Christinnen und Christen von Gott, haben sie stets diesen Juden Jesus von Nazareth im Hinterkopf: wie er auf Menschen zuging, wie er sich selbst nicht schonte. Wer von Jesus auf Gott zurückschließt, kann Gott nicht auf bestimmte Eigenschaften festlegen, Gott bleibt unsichtbar. Man erkennt aber die Haltung: Auch Gott ist und bleibt den Menschen zugewandt, auch Gott schont sich selbst nicht in seiner Liebe zu ihnen.
Doch der Gott, an den unsere Urgroßeltern glaubten, machte die Herrschenden stark und die Untertanen schwach. Er zog mit dem Kaiser in den Ersten Weltkrieg. "Gott mit uns" stand auf preußischen Koppelschlössern. Unsere Urgroßeltern glaubten an einen Gott, der nur ihrem Volk zugewandt war, der Selbstopfer nur fürs eigene Volk guthieß. Ihr Gottesbild klammerte jenen Christus aus, der vorbehaltlos alle Menschen annahm, nicht nur Angehörige seines Volkes; der auch Feinde zu lieben lehrte.
". . . gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit": So ein Bibelvers gefällt religiösen Hardlinern. Sie nutzen ihn, um Menschen ihren unsteten, ungefestigten, beliebigen, willkürlichen, zeitgeistigen Glauben vorzuhalten: Hört auf, am Wort Gottes herumzudeuteln und es für eure Zwecke zurechtzubiegen.
Aber viel eher soll dieser Satz Mut machen. Im Zusammenhang des ganzen biblischen Briefes an die Hebräer – an Juden, die sich zu Christus bekennen – fordert das Zitat auf, sich nicht in den Kleinigkeiten des Alltags zu verlieren. Nicht starres Prinzipiendenken und Besserwisserei sprechen aus diesem Satz, sondern Vertrauen in die Zukunft und Gelassenheit.
"Queere Menschen wollen respektiert werden"
Ähnlich beschrieb es auch einmal Ulrich Fischer (1949–2020), evangelischer Theologieprofessor und badischer Bischof: "So wie Jesus Christus damals die Menschen geliebt hat, so liebt er uns heute. So wie er damals vergeben hat, so vergibt er heute. So wie er damals . . . neue Dimensionen des Lebens eröffnet hat, so tut er dies heute." Gott ist derselbe, also nicht in seinen Attributen, in den Bildern, die wir uns von ihm machen, sondern in seiner Zuverlässigkeit, Zuwendung und Offenheit.
Die Gottesvorstellungen der Menschen unterscheiden sich sehr, so wie sich auch die Hoffnungen der Menschen unterscheiden. Krebskranke hoffen, den Krebs zu besiegen. Politische Gefangene erhoffen sich Freiheit. Gewaltopfer, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Queere Menschen, dass sie genauso respektiert werden wie alle anderen. Aber gemein ist ihnen: Sie können auf diesen immer ansprechbaren, immer zuverlässigen Gott setzen.
Der Text ist eine
Der Text ist eine Verherrlichung von Konvusius. Mit diesen sprachlichen (die Gedanken sind frei) Tubulenzen wollen Sie ein Glaubensfundament zimmern? Die Beliebigkeit wird System und Gott wird als menschlich unter Seinesgleichen vereinnamt. Ein Seiltanz mit der Hoffnung wäre das Ende .
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Bachblütenglaube.
Zitat: ".. auch Gott ist und bleibt den Menschen zugewandt, auch Gott schont sich selbst nicht in seiner Liebe zu ihnen..". Was ist denn das für eine Sprache. War der 1. Teilsatz je eine Frage? Der 2. Teil ist noch unverständlicher. Darf "ER" denn auch das Gegenteil tun? Seine Liebe zu den Menschen hat dann ja wohl sehr häufig pausiert. Das kommt mir alles wie eine entrückte Stuhlkreisgesellschaft vor, die nach dem letzten Stoßsäufzer darauf wartet, dass die Tür aufgeht und "ER" den Kaffee bringt. Diese Sprache, diese verqueren Inhalte (..schont sich nicht..) sind eine Realitätsverweigerung, ähnlich der in Rom. Mit dieser Sprache, mit diesen Widersprüchen im Beruf oder im privaten Gespräch und alle Türen schnappen zu.
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Die "Klammern" verlieren an Kraft.
"...ihr Gottesbild klammerte aus.." . Und nicht nur das der Grosseltern, sondern auch das aller christlichen Kirchen und Generationen vorher? Die Dimension dieser Aussage ist grenzenlos. Denn dann haben ja alle ihren Gott selbst gemacht. Wem soll denn das noch verständlich und dann noch "verkauft" werden? Wenn das meine lutherische Großmutter (gest. 1962) erfährt, tritt sie sofort aus. Nur die Objektivität von CHRISMON ist ein wahrer Segen.
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