Der Haushaltsexperte: Friedrich Vogelbusch
Friedrich Vogelbusch, 52, der auch an der Evangelischen Fachhochschule für Soziale Arbeit in Dresden lehrt, hält Vorträge und schreibt über Geldthemen: über die „Spendenmafia“, über „Staatsknete für die Kirche“, über den Skandal in der Berliner Treberhilfe, über Entgelte für Psychiater. Manchmal verwendet er den Begriff „Output-Orientierung“: Kirche und Diakonie müssen den Erfolg ihrer Arbeit messen lassen. Für Pfarrer eine Zumutung? „Nein“, sagt Vogelbusch. „Alles hat zwei Seiten. Wenn ein Pfarrer weiß, was genau man von ihm erwartet, dann kann er auch einmal in Ruhe Feierabend machen.“ Im Osten beobachtet er übrigens eine wachsende Neugier an Glaubensthemen. Schüler und Eltern erkennen: Das gehört zu einer guten Bildung dazu.
Die Pfarrerin: Jacqueline Barraud-Volk
Die Nähe zu den Katholiken ist ihr ebenso wichtig. „Ich wünsche mir, dass es eines Tages die Möglichkeit gibt, dass Katholiken und Protestanten gemeinsam zum Abendmahl gehen“, sagt sie. „Da bin ich auch nicht leise.“ Fakt ist: Katholiken sind zum evangelischen Abendmahl eingeladen, umgekehrt gilt das nicht. Dass es keine gegenseitige Gastfreundschaft gibt, muss ein Ärgernis bleiben, sagt die 51-jährige Pfarrerin und Religionslehrerin der bayerischen Landeskirche. Seit Mai ist sie Vizepräsidentin der lutherischen Synode, Konfessionalismus ist ihr gleichwohl fremd.
Ihr Traum von der evangelischen Kirche der Zukunft: eine Kirche, die gerade durch den unverkrampften Umgang mit ihren unterschiedlichen Traditionen für die Gesellschaft zum Vorbild wird. Die Spaltungen innerhalb des Protestantismus, die im 16. Jahrhundert begonnen haben, sollen ihre Bedeutung verlieren.
Die Fachfrau für pädagogische Fragen: Tabea Dölker
Sorgen macht ihr das Schicksal der Kirchen im Nahen Osten: Sie drohen durch Abwanderung und Verfolgung auszusterben. „Diese Kirchen bestehen seit 2000 Jahren – und nun werden sie ausgelöscht.“ In vielen Veranstaltungen macht sie das zum Thema. Die „Vertreibung soll in der Öffentlichkeit sichtbar werden“, die Fluchtursachen müsse man möglichst in den Herkunftsländern bekämpfen. Sie zieht Politiker ins Gespräch, um für evangelische Werte zu werben, und engagiert sich ganz konkret in ihrer Heimatstadt Holzgerlingen in Sozialprojekten. Den Slogan „Kirche auf dem Marktplatz“ nimmt sie wörtlich: Sie engagiert sich in einer Arbeitsgruppe der Stadt zur Flüchtlingsbetreuung.
Der Kirchenjurist: Michael Germann
Was die deutschen Gerichte entscheiden, beobachtet er genau: zum Schulkreuz, zum Kopftuch. Hat er den Eindruck, dass die Richterinnen und Richter den Einfluss der Kirchen zurückstutzen wollen? Nein, für so eine Tendenz sieht er keine Anhaltspunkte und auch keinen rechtlichen Spielraum. Das Kopftuchurteil zum Beispiel sei ganz im Interesse der Glaubensgemeinschaften, sagt Germann, es unterstreiche die Religionsfreiheit.
Ist das Reformationsjubiläum 2017 tatsächlich das erste, das politisch nicht instrumentalisiert wird, anders als zum Beispiel 1917 im Krieg? „Ich schlage vor, dass wir bis zum nächsten Jubiläum in 100 Jahren warten, um das zu bewerten.“ Aber gut findet er, wenn „wir die Einsichten der Reformation für moderne Auffassungen von Demokratie und Freiheit in Anspruch nehmen“.
Die junge Wissenschaftlerin: Judith Filitz
Filitz arbeitet mit im Ausschuss „Kirche und Judentum“, eine Beziehung, die ihr besonders wichtig ist. Wie viel Hass Juden in Deutschland aus Mails und Briefen entgegenschlägt, erschreckt sie – und dass sogar in den Köpfen von Theologen antijudaistische Gedanken überdauern. „Vieles ist nicht sichtbar, aber im Denken doch verankert.“ Zum Beispiel, wenn Theologen die Floskel benutzen: Der Alte Bund (Gottes mit dem Volk Israel) sei abgelöst worden durch den Neuen Bund (mit den Christen). Seit 2011 ist Judith Filitz Mitglied im Vorstand, dem sogenannten Moderamen, des Reformierten Bundes.
Dies ist das 24-köpfige Leitungsgremium der reformierten Kirche. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland berief sie nun in die EKD-Synode, eine besondere Anerkennung für die junge Wissenschaftlerin.
Die Spezialistin für Marketing: Merle Fromberg
Merle Fromberg, 51, ist Marketing-Fachfrau in der Touristikbranche. Sie vermarktet die Nordseeküste, berät Dithmarscher Vermieter, klassifiziert ihre Quartiere. Von außen soll erkennbar sein, was einen erwartet. Auch ihre Kirche betrachtet sie manchmal von außen. Ihr fiel auf: „Wir bedienen uns einer Sprache, die die Menschen oft gar nicht verstehen. Wenn sie dann länger nicht im Gottesdienst waren, fühlen sie sich fremd.“
Vor ein paar Jahren besuchte sie die lutherische Partnergemeinde im Hochland von Papua-Neuguinea. Kein Bett, keine Dusche, kein WC, kein fließendes Wasser. Das alles zählte nicht, als sie die religiöse Begeisterung und Herzlichkeit der Menschen erlebte. Lutheraner aus dem Pazifikstaat waren auch schon in Meldorf. Und der Funken der Lebensfreude sprang sofort über. Und das in Dithmarschen!
Die Umweltpolitikerin: Nadine Bernshausen
Die gegenwärtige Flüchtlingskrise, so sagt sie, hänge auch mit den Klimaveränderungen und der Verarmung in anderen Ländern zusammen. Viele Menschen sähen Entwicklungs- und Klimapolitik immer noch als politische Nischenthemen. Bernshausen, die zugleich grüne Politikerin in Hessen ist, unterstützt die kirchliche Forderung nach einer „Eine-Welt-Verträglichkeitsprüfung“. Demnach soll bei jedem neuen Gesetz und jeder öffentlichen Investition untersucht werden, welche Folgen sie für Menschen in anderen Ländern habe. Auch für eine ökologische Landwirtschaft macht sie sich stark. Ihre Hoffnung: „Dafür sind mehr Bauern erforderlich. Der Wohlstand verteilt sich, anders als bei bäuerlichen Großbetrieben, auf mehr Empfänger.“
Anmerkung zum Text über Frau Filitz
"[...] im Vorstand, dem sogenannten Moderamen, des Reformierten Bundes. Dies ist das 24-köpfige Leitungsgremium der reformierten Kirche."
Letzteres habe ich hier aber anders verstanden:
"Der Reformierte Bund ist der Dachverband der etwa 1,5 Millionen reformierten Gemeindeglieder in Deutschland, von denen ein großer Teil der Ev.-ref. Kirche und der Lippischen Landeskirche angehören."
Quelle: http://www.reformierter-bund.de/226-15-57-41.html
Weder leitet ein Dachverband eine Kirche, noch ist ein Dachverband eine Kirche. Einige Mitglieder des Dachverbandes sind allerdings Kirchen. So habe ich das jedenfalls verstanden.
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Na ja dieser Dachverband hier will ja unbedingt Kirche sein,
da ist so ein kleiner Freudscher Verlautbarer, ja kein Wunder ;)). Und genau deshalb stimmen wir Reformierten der Ekklesiologie der EKD-Leitungsebenen nicht zu, wenn wir ab und zu in die BE gucken.
Aber schön, dass es ihnen aufgefallen ist.
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