chrismon-Chef­redakteur Arnd Brummer
Foto: Sven Paustian
Vielleicht lacht auch Mohammed über die Mohammed-Karikaturen
Lena Uphoff
08.01.2015

Der Christengott ist kein Kistengott. Auch wenn viele seiner sogenannten Gläubigen meinten, aus ihm einen machen zu können – notfalls mit Gewalt, mit Blutvergießen und Hinrichtungen. Die Guten kommen ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Und weil der Herr das nicht alleine kann, müssen ihm die Frömmsten den Arm leihen. Die Geschichte des sogenannten Abendlandes ist voll von Kreuzzügen, heiligen Kriegen, Ketzerverbrennungen, „gerechten“ Morden an Heiden.

Ein besonders  eindrucksvolles Beispiel war im Juli 1209 der Kreuzzug gegen die Katharer im südfranzösischen Béziers. Ein offizieller Kreuzzug von Christen gegen Christen, die eine Lehre strengster Enthaltsamkeit und Armut verbreiteten. Bei dem Massaker in Beziers fanden 20 000 Menschen den Tod. Als die Kreuzfahrer ihren geistlichen Begleiter, den päpstlichen Gesandten Arnaud Amaury fragten, woran sie denn erkennen sollten, welche Einwohner der Stadt Katharer  seien und welche nicht, riet der Befragte: Caedite eos! Novit enim Dominus qui sunt eius – Tötet sie alle, der Herr wird die Seinen erkennen!

Gott der Vater, so sah es der Menschensohn Jesus, liebt. Und wer liebt, tötet nicht. Lieber lässt er sich ermorden, hinrichten, kreuzigen, als dass er dies einem anderen zufügt. Schwer! Verdammt schwer! Im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn ich mir nach Terrormorden - wie am 7. Januar in Paris an elf Journalisten und Karikaturisten des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ -  die Bergpredigt des Jesus vornehme, wird  mir wieder bewusst, dass der Verzicht auf Gewalt gegen Gewalt die brutalste Herausforderung des Nazareners an seine Gemeinde darstellt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deine Feinde hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“  Und weiter: „Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?“

Jesus spricht in seiner Bergpredigt von dem, was der Philosoph Karl Popper fast zweitausend Jahre später die „Offene Gesellschaft“ nannte und mit dem Bild versah: Wenn Menschen und Theorien aufeinander prallen, müssen in Zweifelsfall Theorien sterben und nicht Menschen. Und fast biblisch deutlich fügt Popper hinzu: „Der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, produziert stets die Hölle.“

Diese offene Gesellschaft, das Streiten ohne Gewalt, müssen wir verteidigen. Mit der Kraft unserer Seelen und im Wissen, dass all unsere Erkenntnis und auch die Ahnung vom Paradies vorläufige, irdische Sehnsüchte bleiben. Wir sollten mit jenen im Gespräch bleiben, die der Versuchung nach einfachen und endgültigen Lösungen nicht widerstehen können. Und mit jenen, die auf Beleidigungen und Verunglimpfungen nur die Antwort Gewalt kennen. Die Seinen, im Sinne Jesu, erkennt man daran, dass sie sich auch von schrecklichen und mörderischen Feinden nicht deren Spielregeln  aufdrängen lassen: Hass mit Hass, Gewalt mit Gewalt vergelten.  Also kein anti-fundamentalistischer Fundamentalismus! Und: Keine Panik! Nochmal Bergpredigt? Ja! „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen! Selig sind die Freidfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen!“ Also: Lasst sie alle leben! Der Herr wird die Seinen auch so erkennen!

Und einer der Seinen soll Mohammed geheißen haben. Von dem es nur keine Bilder geben sollte, weil er nicht „vergöttlicht“ werden wollte. Vielleicht sitzt er – nur ein Bild – neben Karl Popper auf einer Wolke, lacht sich über Mohammed-Karikaturen kaputt und findet es saublöd, wenn jemand nach Mordtaten brüllt: „Mohammed ist gerächt!“ Mohammed: „Gerächt? Das ist Unrecht!“

Und dann setzt sich als Dritter Stephane Charbonnier auf die Wolke, der ermordete „Charlie-Hebdo“-Chefredakteur. Er entrollt ein Poster: „Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.“  Und Mohammed sagt: „Unglaublich, was unser Freund, der Prophet Isa ibn Maryam, an tollen Sprüchen rausgelassen hat.“ Isa ibn Maryam? „Euer Jesus! Der ist auch unser Prophet!“ Na denn…

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Es muss in religiösen Lehren genauso Veränderungen geben, wie in anderen Lehren. Gott ist nicht persönlich und nicht dinglich. Gott ist nicht auf die Weise allmächtig, dass er z. B. einen unbelehrbaren Raucher, der Lungenkrebs bekommt, heilen kann. Der Mensch (und die Welt) wurde nicht erschaffen, sondern existiert von Natur aus. Das Beten ist sinnlos. Wir brauchen Geistheilung und mystische Erfahrungen gemäß C. G. Jung und Meister Eckehart. Terroranschläge darf es nicht mehr geben. Aber auch Mohammed-Karikaturen sind abzulehnen. Man muss Respekt vor (anderen) Religionen haben.

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Die schrecklichen Ereignisse in Paris haben gezeigt, wie wichtig ein Dialog zwischen diesen beiden Religionen ist, um Angst und Fassungslosigkeit zu überwinden. In dem Artikel von Herrn Brummer vermisse ich diesen Aspekt. Humoresken über "Pseudo-Dialoge" im Himmel mögen versuchen die Situation zu entkrampfen aber diese Art von Humor greift zu kurz: es wäre wichtig aufzuzeigen wie wir dem religiösen Fanatismus (der den Humor verloren hat) begegnen können und wie wir ihn eindämmen können. Die zitierten Aussagen aus der Bergpredigt halte ich für eine sehr wichtige Grundlage für den so notwendigen Dialog zwischen den Religionen.

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Schreiben Sie doch mal einem Analphabeten einen Brief! Ein Dialog, gar noch die Steigerung, eine Diskussion, setzt zumindest die gleiche Sprache, das gleiche Verständnis und zumindest ähnliche gemeinsame Werte voraus. Fehlen diese Vorbedingungen, kann kein sinnvolles Ergebnis erwartet werden.

Der Aufschrei, das ist ja pure Arroganz, ist mir gewiss. Aber ist es nicht auch pure Arroganz ernsthaft zu glauben, dass fremde Zungen mich verstehen müssen? Ich habe mal versucht, mit Zeugen Jehovas zu diskutieren. Gegen eine Wand zu rennen, ist das Gleiche. Wer für sich in Anspruch nimmt, dass er allein oder seine Gruppe das wahre Wort Gottes kennt und interpretieren darf, dem ist mit keinem Wort beizukommen.

Zitat: „Wir sollten mit Jenen* im Gespräch bleiben, die der Versuchung einfacher und endgültiger Lösungen nicht widerstehen können. Und mit Jenen**, die auf Beleidigungen und Verunglimpfungen nur die Antwort Gewalt kennen“.

Diese Jenen* sind aber häufig auch die, die aus Verzweiflung oder wegen fehlender Bildung nicht in Lage oder bereit sind, einem solchen Dialog zu folgen. Einer Diskussion erst gar nicht. Es kann auch keine Lösung sein, Denen** mit der Toleranz der Intoleranz zu begegnen, die jedem noch so guten Argument (aus der für die Anderen subjektiven Sicht) mit purer Gewalt antworten. Weiter gedacht ist dann das Ergebnis die Grabrede: Er ist so gut gefahren. Jetzt ist er tot. Und dabei hatte er die Vorfahrt. Wer seinen hehren Glauben unter diese Prämisse stellt, verrät ihn aus Angst vor der Gewalt.

Das Zitat „Wir sollten mit Jenen im Gespräch bleiben…“ zeugt zudem von einer Weltfremdheit, die kaum zu überbieten ist. Allenfalls kann dieser Anspruch so verstanden werden: „Fordere das Unmögliche um das Mögliche zu erreichen“. Mit dem Anspruch wird für Einfältige ein unverantwortlicher Erwartungshorizont aufgebaut. Aber Sie geben ja mit dem Passus „..nur die Antwort Gewalt kennen“ ja bereits vor, was zu erwarten ist. Diese letztlich hoffnungslose Gutgläubigkeit auf den Sieg der Guten, Einfältigen und Wehrlosen ist außerdem eine Abkehr von der göttlichen Schöpfung, wonach alle Menschen mit guten und mit schlechten Seiten und Charaktereigenschaften ausgestattet wurden.

Ockenga schrieb am 18. Februar 2015 um 17:18: "Diese letztlich hoffnungslose Gutgläubigkeit auf den Sieg der Guten, Einfältigen und Wehrlosen ist außerdem eine Abkehr von der göttlichen Schöpfung, wonach alle Menschen mit guten und mit schlechten Seiten und Charaktereigenschaften ausgestattet wurden." Klar, Abkehr von der göttlichen Schöpfung darf auf keinen Fall sein. Aber diese Abkehr kann noch viel schneller stattfinden, als manch einer vermutet. Da reicht es offenbar schon, "einem Analphabeten einen Brief" zu schreiben. Jetzt hat Gott also diesen Menschen mit der schlechten Seite namens Analphabetentum ausgestattet. Schon kommen Verächter der göttlichen Schöpfung daher und schreiben dem Kerl trotzdem Briefe in der Vermutung oder Hoffnung, dass ein um die Leseschwierigkeiten wissender Vertrauter den Brief vorliest.
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Zitat: "Ich habe mal versucht, mit Zeugen Jehovas zu diskutieren. Gegen eine Wand zu rennen, ist das Gleiche." Indiskrete Frage, liebe(r) Herr/Frau Ockenga: Was für Wände haben Sie in Ihrer Wohnung? Argumentieren Ihre Wände? Sind Ihre Wände erfüllt von dem Glauben und Verständnis, dass Gott die Welt erschaffen hat? Sprechen Ihre Wände deutsch? Pflegen Ihre Wände den ganzen Wertehimmel von der Gottes- und Nächstenliebe bis hin zum sauberen Benehmen in der Straßenbahn? Dann sollten Sie mal mit Ihren Wänden diskutieren, statt gegen sie zu rennen. Die von Ihnen genannten Voraussetzungen für eine Diskussion, die ein "sinnvolles Ergebnis" erwarten lässt, sind erfüllt. Das waren nämlich "gleiche Sprache, das gleiche Verständnis und zumindest ähnliche gemeinsame Werte".

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Schreiben Sie doch mal einem Analphabeten einen Brief! Ein Dialog, gar noch die Steigerung, eine Diskussion, setzt zumindest die gleiche Sprache, das gleiche Verständnis und zumindest ähnliche gemeinsame Werte voraus. Fehlen diese Vorbedingungen, kann kein sinnvolles Ergebnis erwartet werden.

Der Aufschrei, das ist ja pure Arroganz, ist mir gewiss. Aber ist es nicht auch pure Arroganz ernsthaft zu glauben, dass fremde Zungen mich verstehen müssen? Ich habe mal versucht, mit Zeugen Jehovas zu diskutieren. Gegen eine Wand zu rennen, ist das Gleiche. Wer für sich in Anspruch nimmt, dass er allein oder seine Gruppe das wahre Wort Gottes kennt und interpretieren darf, dem ist mit keinem Wort beizukommen.

Zitat: „Wir sollten mit Jenen* im Gespräch bleiben, die der Versuchung einfacher und endgültiger Lösungen nicht widerstehen können. Und mit Jenen**, die auf Beleidigungen und Verunglimpfungen nur die Antwort Gewalt kennen“.

Diese Jenen* sind aber häufig auch die, die aus Verzweiflung oder wegen fehlender Bildung nicht in Lage sind, einem solchen Dialog zur folgen. Einer Diskussion erst gar nicht. Es kann auch keine Lösung sein, Denen** mit der Toleranz der Intoleranz zu begegnen, die auf jedes noch so gute Argument (aus der für die Anderen subjektiven Sicht) mit purer Gewalt antworten. Weiter gedacht ist dann das Ergebnis die Grabrede: "Er ist so gut gefahren. Jetzt ist er tot. Und dabei hatte er die Vorfahrt". Wer seinen hehren Glauben unter diese Prämisse stellt, verrät ihn aus Angst vor der Gewalt.

Das Zitat „Wir sollten mit Jenen im Gespräch bleiben…“ zeugt zudem von einer Weltfremdheit, die kaum zu überbieten ist. Allenfalls kann dieser Anspruch so verstanden werden: „Fordere das Unmögliche um das Mögliche zu erreichen“. Mit dem Anspruch wird für Einfältige ein unverantwortlicher Erwartungshorizont aufgebaut. Aber Sie geben ja mit dem Passus „..nur die Antwort Gewalt kennen“ ja bereits vor, was zu erwarten ist. Diese letztlich hoffnungslose Gutgläubigkeit auf den Sieg der Guten, Einfältigen und Wehrlosen ist außerdem eine Abkehr von der göttlichen Schöpfung, wonach alle Menschen mit guten und mit schlechten Seiten und Charaktereigenschaften ausgestattet wurden.

Außerdem kann man den Popper-Spruch auch so umformulieren:
"Wer das Paradies im Himmel verspricht, war auf Erden für die Hölle verantwortlich".
Für "irdische" Verhältnisse gilt dann auch:
"Wenn es nicht das Geld ist, dann ist es die Angst, die Macht ermöglicht".

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Sicher, man kann alles breittreten, zerreden, zertrampeln. Warum nicht ? Solange keiner dazwischen funkt und Halt schreit, prügeln wir aufeinander los, was das Zeug hält. Scheint eine typisch männliche Eigenart zu sein, aber was macht`s, solange es nur Worte sind ? Und neuerdings akzeptiert auch die Kirche diese schöne Form der Kommunikation, bei der nur eines zählt, nämlich die geschickte Wortwahl. Denn Worte können ja nicht verletzen, es sind ja nur Worte, keine Waffen, und die Psychologie zählt dann natürlich auch nicht. Gott als eine willkommene Parabel für Unterdrückung ohne Waffen und ohne jegliche Mühe. Im Gegensatz zu den bösen Islamisten, die sofort mit aggressiver Gewalt reagieren, reagieren wir lediglich mit der WortGEWALT, der Waffe des Geistes, was keine sofortigen sichtbaren Folgen zeitigt. Und die Zeit wird´s schon richten. Wir Christen sind da fein raus, und bleiben edel im Gespräch. ------------------Verstehe diese Mentalität, wer da wolle. Ich finde da die göttliche Schöpfung perfekt an die heutige Zeit angepasst, allein der Mensch, ganz allgemein gesprochen, verantwortet sein Handeln, ganz gleich, ob er mögliche Folgen fürchtet, sei es im Diesseits, sei es im Jenseits. Der Irrsinn dahinter ist beängstigend. -------------------------Ich behaupte nicht, dass ich Gespräch und Diskussion schlecht finde, doch seien wir mutig genug, über Essentielles, statt dauernd nur über die Wurst zu reden. --------------------------------------------
"Im Gespräch bleiben" kann heißen, seine eigene Meinung zu überprüfen, zu modifizieren, bzw. sich Gedanken über mögliche Lösungen zu machen, ohne auf seiner festen Meinung zu beharren. Insofern erfreulich, dass hier
Wortgefechte geführt, Bereitschaft signalisiert wird. ----------------------------------------------------------
"Diese offene Gesellschaft, das Streiten ohne Gewalt müssen wir verteidigen", schreibt der Autor, "und mit jenen im Gespräch bleiben, die der Versuchung nach einfachen und endgültigen Lösungen nicht widerstehen können. Und mit jenen, die auf Beleidigungen und Verunglimpfungen nur die Antwort Gewalt kennen." Klingt schön. Nur warum wird mit keinem Wort erwähnt, dass "Beleidigungen und Verunglimpfungen ", irgendwie schlechte journalistische Stilmittel sind ?
Wo der Boden so heiß ist, muss man doch nicht noch mehr heizen, und wo die Gemüter übersensibel sind, dort darf man sie nicht überreizen. Schade um die Opfer, schade um die Täter. Wir müssen Täter nicht machen, wo Vorsicht geboten ist. Mir scheint, dass die Bergpredigt genau diese Aussage enthält.