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Einer meiner katholischen Freunde sagte einmal: „Oh mei, manchmal seid's ihr Evangelischen schon arg nüchtern und sachlich. A bißl mehr Sinnen- und Lebensfreude könnt' nicht schaden." Wir haben den Ruf, gelegentlich bierernst und wenig überschäumend fröhlich zu sein. Alles Mumpitz! Evangelisch sein – das meint Kopf und Herz, Leib und Seele. Sicher: Unser Ahnherr Luther war ein gewissenhafter Mensch, der sich mit Lebens- und Glaubensfragen herumgeschlagen hat. Ein Grübler, mit rebellischem Kopf, ein kämpferischer Theologe. Schließlich ist es ihm um das ewige und das irdische Seelenheil der Menschen gegangen, um eine heilsame Beziehung zu Gott und den Mitmenschen.
Er wollte mit theologischen und kirchlichen Missständen aufräumen - und da kann einem das Lachen manchmal vergehen. Trotzdem: Wer gerne genießt, kann sich durchaus auf Luther als Vorbild berufen. Einer, der neben dem Verstand auch die Sinne, der Essen und Trinken, Lachen und Singen, Leben und Lieben hochhält. Als bei einem Essen im Haus Luther Weintrauben, Nüsse, Pfirsiche und andere Köstlichkeiten auf den Tisch, sagte Luther: "Was sagt unser Herr Gott droben im Himmel dazu, dass wir also hie sitzen und seine Güter verzehren? Nun, er hat's darum geschaffen, dass wir sie brauchen sollen, fordert anders nichts von uns, denn dass wir erkennen, dass es seine Güter sind und ihr (sic!) mit Danksagung genießen".
Maßhalten
Bei Luther ist ansteckende Freude zu spüren. "Unser Herr Gott .. kann mir das wohl zugute halten, dass ich bisweilen einen guten Trunk tue ihm zu Ehren; Gott gebe, die Welt lege es aus, wie sie wolle." Andererseits hat Luther herzhaft zu kritisieren gewusst, wenn das Maß - und die Maß - überzogen wurde. Er hat reichlich den guten Dingen des Lebens zugesprochen - wusste dabei aber doch gewisse Grenzen einzuhalten. Zu einer Spiritualität, die sich an den verschiedenen Gottesgaben freut, gehört manchmal das Bacchantische, Überschäumende, aber eben auch das Wissen darum, wann Maßhalten und Verzicht angebracht ist. Ein gesegnetes Reformationsfest!
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