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Paul Bocuse hält als einziger Koch seit über 50 Jahren für seine Kunst drei Michelin-Sterne. 91 Jahre ist er alt und so lebenslustig wie eh und je. Bocuse betont bodenständige Küche, die sich auf frische Produkte vom Markt konzentriert, sich nach Jahreszeiten und Regionalität richtet. Sein Standardkochbuch hat nur Text, keine Bilder. Nur Rezepte und die Anleitungen findet man im handlichen Format. Man kann gemütlich darin schmökern.
Bocuse sagt, man kann nur mit Liebe gut kochen, weil es vor allem darum geht, um einen Tisch herum eine Atmosphäre von Freundschaft und Brüderlichkeit zwischen den Menschen zu schaffen. Diese Liebe darf man sich selbst auch gönnen, um den eigenen Leib und die eigene Seele zu bewahren, denn sie sind ein Gottesgeschenk. Dazu dient der Blick in ein Kochbuch, in dem man blättert und Gutes für sich entdeckt. Ich besitze so eines wie das von Bocuse, fast nur mit Text. Meine Mutter hat es vor über 60 Jahren gekauft.
Da findet man nichts über Kiwi, Mangos, Radicchio oder Zucchini
Es ist so alt wie ich. Da findet man nichts über Kiwi, Mangos, Radicchio oder Zucchini, über Lebensmittel, die vielen ganz selbstverständlich sind. Dafür finde ich etwas, was in noblen Kochbüchern nicht drinsteht: Hinweise, wie Essensreste klug verwertet werden können. "Mit ein wenig Überlegung und Phantasie", heißt es da, "wird man aus dem unscheinbarsten Rest ein appetitliches Gericht zaubern oder den Rest in einer vielleicht weniger ins Auge fallenden Art verbrauchen können".
Ich habe dieses Kochbuch besonders gern. Es erinnert mich, wo ich herkomme, wie bescheiden und sparsam wir zuhause gelebt haben. Bis heute esse ich übrigens sehr gerne Reste. Ich liebe Reste! Noch wichtiger: Mein ältestes Kochbuch hält vor allem die Erinnerung an die Menschen wach, die viel weniger haben als wir. Oft kommen sie gerade aus den Ländern, die die schönsten Kochbücher beschreiben: Thailand, Vietnam, Kambodscha, Laos, Marokko, Ägypten ...
Ein Stern, dem wir selber folgen
Drei Sterne wie Bocuse brauchen diese Menschen sicher nicht. Aber einer wäre schön. Ein Stern, dem wir selber folgen. Unter dem wir so richtig gastfreundlich leben. Nicht allein, wenn wir mal schick Gäste zu uns nach Hause einladen. Es wäre einfach schön, wenn wir die herzlich gern bei uns bewirten, die zu uns kommen und uns brauchen. Oder ihnen zuhause, dort, wo sie leben, mit allem, was wir können und haben, großzügig aufwarten. Was sagt Bocuse: Freundschaft und Brüderlichkeit. Also Geschwisterlichkeit.