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Neulich in Berlin, am S-Bahnhof Friedrichstraße. Wie weit ist es zu Fuß bis zur Bushaltestelle?, frage ich an der Hotelrezeption. Antwort: Acht Minuten, wenn Sie unterwegs noch shoppen wollen. Shoppen? In acht Minuten? Zwischen Friedrichstraße und Unter den Linden, wo der Mensch maximal ein Ampelmännchen-Bierglas oder einen Berliner Bären als Spardose kaufen kann? Hauptsache, schnell noch ein paar Euro in Umlauf gebracht, bevor der Flughafen-Bus kommt?
Schade, das Wort „Shoppen“ hat komplett seine Bedeutung verändert. Im Duden steht Shoppen noch für „einen Einkaufsbummel machen“. Herrlich. Vor Weihachten in der Stadt bummeln, am späten Nachmittag, wenn die Lichterketten schon an sind. Aber Bummeln ist ja längst bah, bah. Bummelschüler, Bummelstudent, Bummelbaustelle. Alles blöd. Und so scheint die zeitgemäße Übersetzung von Shoppen eher: raffen, sparen, noch mehr raffen, noch mehr sparen. Meister in dieser Disziplin ist die Billigkette Primark, wo es T-Shirts für zwei Euro und Jeans für sieben Euro gibt. Kaufen, anziehen, wegwerfen. Vor Primark sitzen – zum Beispiel auf der Frankfurter Zeil – erschöpfte Kunden mit unfassbar vielen Tüten. Manche haben sichtbar Migrationshintergrund. Was für eine kranke Weltwirtschaft, die arme Menschen ohne Migrationschance zu Hungerlöhnen in Nähfabriken schuften und bisweilen an Fabrikbränden ersticken lässt. Damit arme Menschen hier in Frankfurt ein „Shopping-Erlebnis pur“ haben. So die Primark-Werbung.
Erlebnis? Das Wort haben wir an dieser Stelle bereits erledigt, weil ja jetzt alles eine Erlebniswelt ist: die Apotheke eine „Erlebniswelt Gesundheit“, der Sanitärfachhandel eine „Erlebniswelt Bad“. Bloß doof, dass da, wo man wirklich gerne was erleben möchte – ausgerechnet da soll man jetzt: shoppen. „Erotisch shoppen“ – mit diesem Werbeplakat wirbt der Orion-Fachhandel für seine „Erotik-Schnäppchen“. Straps-Set für 17,48 anstatt für 34,05 Euro. Solche Sachen. Immer wenn ich an diesem dämlichen Plakat vorbeifahre, denke ich: Dem Kerl, der die Worte „erotisch“ , „shoppen“ und „Schnäppchen“ in einem Satz aufsagt – dem würde ich, na gut, nicht gleich die Hütte anzünden. Aber eine Spardose „Berliner Bär“ schenken. Und ihn rauswerfen.
Chrismon shoppt
Sehr geehrte Frau Ott. Ich teile Ihre Sicht total. Doch jetzt muss ich schnell auf Ihren Chrismon Online-Shop (http://chrismonshop.evangelisch.de/) was shoppen.....
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Sachlicher Hinweis
Die Strecke vom Bahnhof Friedrichstrasse (Hotel) zur zum-Flughafen-Bushaltestelle (TXL-Bus) unter den Linden in Berlin kann in 8 min (mit Gepäck) zurückgelegt werden, wenn man es schnurstracks tut. Vermutlich sagte der Mitarbeiter oder hätte es sagen müssen/sollen/wollen: "wenn Sie unterwegs NICHT noch shoppen wollen".
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Das System hinter dem Schein
Ganz zutreffend von Frau Ott die „Erscheinungsweisen“ vom Shoppen beschrieben. Es kommt aber drauf an, das „Wesen“, das System hinter dem Schein zu entlarven. Billige Konsum-und Verbrauchsgüter ganz im Sinne der ökonomischen „Eliten“ entbinden diese vom Zahlen eines lebenswürdigen Lohnes und illusionieren das Shoppingerlebnis pur. Zolldeklarationen z.B. in Hamburg für Importmarkenschuhe aus Asien für rd. 8$ Pro Stück/Transportkosten für ca. 40000Stck rd. 800$ sollten uns die Augen öffnen für die „Erlebniswelt Marktwirtschaft“; die Welt jener Eliten, denen das „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ nie in den Sinn kam .
Hans Gerster/Meckenheim
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