Deutschland hat uns geflüchteten Journalistinnen, Studierenden, Erzieherinnen, Physikern und anderen Berufstätigen versprochen: Wenn ihr schnell die deutsche Sprache lernt, euch aus- und weiterbildet, wenn ihr hier gute Abschlüsse macht, arbeitet und euer eigenes Geld verdient, dann könnt ihr bleiben. Zugleich hat sich die Regierung zum Ziel gesetzt, möglichst viele Menschen abzuschieben. Das ist ein Widerspruch mit fatalen Folgen. Denn es mehren sich die Beispiele von Menschen, die alle diese Anforderungen erfüllt haben – und dennoch abgeschoben wurden.
Ramzi Awat Nabi (24), ein junger Iraker, wurde im Studentenwohnheim in Stuttgart-Vaihingen festgenommen. Er hat sein Abitur mit der Note 1,5 beendet, studierte Gebäude- und Energietechnik an der Hochschule Esslingen und bereitete sich auf seine Abschlussprüfungen vor. Er träumte davon, nach seinem Studium in einem der nachgefragtesten Berufe in Deutschland zu arbeiten und sich ein stabiles Leben aufzubauen. Doch die Stuttgarter Ausländerbehörde zweifelte an seiner Identität. Versuche, auch seines Anwalts, die Zweifel auszuräumen, zählten nicht. Auch Proteste von Kommilitonen, Freunden und Familie konnten nicht verhindern, dass er Mitte August nach Bagdad abgeschoben wurde – in jenes Land, aus dem er einst auf der Suche nach Sicherheit geflohen war.
Oder nehmen wir Walid. Er kam 2021 aus dem Irak nach Deutschland und stellte einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. Seitdem erhielt er lediglich eine jeweils auf sechs Monate befristete Duldung. Trotz dieser unsicheren Lage bemühte er sich intensiv um Integration: Er arbeitete, nahm keine staatlichen Leistungen in Anspruch und lebte bei einer deutschen Familie. Vor seiner Abschiebung verfügte er über einen offiziellen Arbeitsvertrag und hatte einen Termin am 19. Dezember 2024, um auf dieser Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Doch dazu kam es nicht: In der Nacht zuvor, am 18. Dezember, stürmte die Polizei das Haus der Familie und nahm ihn trotz des Widerstands der Familie zwangsweise mit. Auch er wurde ins Flugzeug gesetzt und in den Irak abgeschoben.
Ich könnte Dutzende weitere Menschen nennen, die sich hier gut integriert hatten und arbeiteten, und dennoch öffneten sich die Türen nicht, sondern die Polizei klopfte an der Tür und holte sie ab. Sie wurden plötzlich zu einer "Akte", die durch einen Verwaltungsbeschluss geschlossen wurde.
Eine Abschiebung in ein unsicheres Land bedeutet, einen Menschen ins Ungewisse und Bedrohliche zu schicken. Manche berichten von Verhaftungen bei der Ankunft, unwürdige Behandlung und Schikanen durch die Sicherheitsbehörden bei ihrer Reise durch das Land. Einige fanden weder Unterkunft noch medizinische Versorgung, andere wurden erneut inhaftiert. Und warum das alles? Weil in Deutschland Verwaltungsentscheidungen zunehmend übereilt und hektisch getroffen werden, um politisch zu demonstrieren, wie energisch man bei Abschiebungen vorgeht.
Doch wenn das Versprechen nicht mehr gilt, dass, wer hier fleißig ist, sich anpasst, Deutsch lernt, Steuern zahlt, bleiben darf – an was sollen wir uns dann noch halten? Deutschland verliert seine Glaubwürdigkeit. Das könnte auch all jene qualifizierten Fachkräfte und Talente abschrecken, die man wegen ihrer hohen Qualifikation aus dem Ausland so gern hierherlocken möchte. Kann sich das Deutschland wirklich leisten?