chrismon: Was ist ein Mental Health Jam eigentlich?
Wolfgang Goede: Ein Mental Health Jam ist wie ein Poetry-Slam, nur ohne Wettbewerb. Wir wollen keinen Wettbewerb. Nicht bei einem so sensiblen Thema wie mentaler Gesundheit. Niemand soll sich ausgegrenzt fühlen. Es gibt im Vorhinein festgelegte Beiträge, aber auch die Möglichkeit, dass sich Menschen aus dem Publikum spontan äußern. Egal ob mit einem Gedicht, einem Lied oder einer Choreografie. Mitentwickelt hat das Konzept der Münchner Theaterpädagoge Fritz Letsch.
Wie kamen Sie auf die Idee des Mental Health Jam?
Nach einem Schwächeanfall, der sich als nicht weiter problematisch erwies, saßen mir wirklich Todesversagensängste in den Gliedern. Kein Arzt konnte so richtig helfen. Darüber bin ich zur Münchner Angstselbsthilfe gekommen, habe die Deutsche Angst-Hilfe DASH e.V. mitgegründet und lange Zeit eine Angst-Selbsthilfe-Gesprächsgruppe geleitet. Bei den Mental Health Jams geht es darum, sich mit seinem Thema zu konfrontieren, bis man erlebt: Es geht voran, es ist gar nicht so schlimm, wie man es sich vorgestellt hat. Für mich ist es dadurch selbstverständlich geworden, mit meinen Ängsten an die Öffentlichkeit zu gehen, wodurch sie kleiner werden, verschwinden. Ich habe gemerkt: Es bringt mich nicht um, ganz im Gegenteil: Ich wachse daran. Aber die meisten Menschen halten sich bedeckt. Das ist ein großes Problem und einer der Hauptauslöser, warum das Thema immer noch so stigmatisiert ist.
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