Demonstrationen gegen die AfD
Auch die Linke spaltet dieses Land
Endlich wird wieder demonstriert, aber leider versammeln sich auf den Demonstrationen nicht alle Gegner der AfD. Das liegt nicht nur an der Demonstrationsfaulheit der Bürgerlichen
Großdemo gegen den Rechtsruck am Samstag (25.01.2025) vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Großdemo gegen den Rechtsruck am Samstag (25.01.2025) vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
picture alliance/epd-bild/Rolf Zoellner
Lena Uphoff
27.01.2025
3Min

Gegen den Faschismus, wehret den Anfängen oder gleich Nazis raus – wer sollte etwas dagegen sagen? Es ist gut, wenn nun wieder gegen die AfD demonstriert wird, wie am Freitag in Köln und Berlin, wo je nach Angaben zwischen 30.000 und 100.000 Menschen zusammenkamen. Auch die Evangelische Kirche hatte zur Demonstration aufgerufen und Anna-Nicole Heinrich, die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, sprach bei der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor.

Eigentlich sind selbst 100.000 viel zu wenig. Es gibt viel mehr Menschen, die gegen die AfD und den Rechtsextremismus eingestellt sind. Ganz sicher aber schreckt es viele potenzielle Demonstranten aus dem bürgerlichen Lager ab, wenn die Veranstalter nicht nur die AfD im Blick haben, sondern auch die CDU und Friedrich Merz als rechts bis rechtsextrem diffamiert werden.

Lesen Sie hier: Warum es richtig ist, dass die Kirche sich gegen einen AfD-Bürgermeister stellt

Der rbb begann seinen Bericht über die Demonstrationen mit einem Ausschnitt, auf dem die Menschen singen: "Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen den Faschismus hier im Land." In den Berichten über die Demonstrationen hieß es dann meist, es würde gegen Merz und die Verschärfung der Asylpolitik demonstriert.

Doch es ist ein Unterschied, ob gegen rechtsextreme Positionen der AfD demonstriert wird – oder gegen die zugegebenermaßen sehr verschärfte CDU-Politik. Wenn sich die Demonstranten auf die CDU konzentrieren, bleiben sie in ihrem linken Biotop unter sich. CDU-Wähler lassen sich vermutlich ungern als "Faschisten" beschimpfen.

Wir leben nicht in den 1920er Jahren, die AfD ist nicht die NSDAP und Friedrich Merz nicht Reichspräsident Paul von Hindenburg. Wer es ernst meint mit seinem Kampf gegen den Rechtsextremismus, sollte mit solch überzogenen Vergleichen aufhören. Denn auch sie vergrößern die gesellschaftliche Spannung – auch wenn sie auf Demonstrationen gegen Hass und Hetze gesagt werden.

Wenn man anders denkt, ist es schwer zu akzeptieren, dass viele Menschen in diesem Land die Migrationspolitik der AfD richtig finden. Und natürlich kann es sein, dass die Menschen lieber gleich die AfD wählen als eine Lightversion mit dem Namen CDU oder CSU. Es ist furchtbar, wenn nach dem Mord von Aschaffenburg wieder alle Migranten für die Tat eines offenbar psychisch kranken Menschen aus Afghanistan verantwortlich gemacht werden. Doch auch viele Menschen, die die AfD nicht wählen, wünschen sich eine andere Migrationspolitik. Die Taktik, die AfD und ihren Aufstieg zu stoppen, indem man auf diesen Wunsch eingeht, ist also weder völlig irrsinnig noch faschistisch.

Wenn die CDU unter Friedrich Merz nun versucht, diese Bundestagswahl mit dem Thema Migrationspolitik zu gewinnen, kann man das als Verzweiflungstat ansehen. Merz und die Union reagieren damit auf die Ängste der Menschen in Deutschland. Diese Ängste mag man für überzogen und rassistisch halten. Alle Menschen, die eine restriktivere Migrationspolitik fordern, als Nazis zu bezeichnen, wird daran aber nichts ändern. Auch Linke müssen akzeptieren, dass es rechte Demokraten gibt, und sollten nicht so tun, als seien alle Menschen rechts der eigenen Ansicht Nazis und Faschisten. Denn das macht den Korridor dessen, was anständig ist, immer kleiner.

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