Kirche und Landtagswahl in Brandenburg
Kann die Kirche Menschen wieder zusammenbringen?
Die Kirche ist ein Spiegel der Gesellschaft, sagt der Regionalbischof von Potsdam. AfD-Mandatsträger sind trotzdem nicht willkommen. Wie die Kirche mit dem Wahlergebnis umgeht
Geöffnete Kirchetür mit Blick auf den Altar mit einem Kreuz
Kann die Kirche Menschen wieder zusammenbringen
Getty Images / Pascal Deloche / Godong
Tim Wegner
24.09.2024
5Min

Wie bewerten Sie das Ergebnis der Landtagswahl vom Sonntag?

Kristóf Bálint: Es ist nicht gut, dass nur vier Parteien im Parlament vertreten sind. Denn das bildet nicht die Pluralität in unserem Bundesland ab – was notwendig wäre. Mehr Parteien wären besser, auch damit keine Sperrminoritäten durch wen auch immer ausgeübt werden können. Blockaden müssen verhindert und Konsens zum Wohle der Gemeinschaft gesucht werden.

Rund 43 Prozent der Stimmen entfielen für populistische Parteien, die extreme Positionen vertreten. Spiegelt das auch die Verhältnisse in den evangelischen Kirchengemeinden wider?

Wir können und wollen unsere Gemeindemitglieder nicht auf ihre politische Gesinnung überprüfen. Ich habe also keine Zahlen. Aber die Kirchengemeinden sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Insofern muss ich davon ausgehen, dass das Wahlergebnis die Verhältnisse in der Kirche widerspiegelt.

Gibt es beim Thema Flucht und Migration Streit in den Gemeinden? Die christliche Nächstenliebe steht ja der Position der AfD klar entgegen.

Es gibt Streit und das ist ja auch hilfreich. Wie sollten wir in den schwierigen Fragen unserer Zeit weiterkommen, wenn wir nicht über sie streiten? Dass in einzelnen Gemeinden besonders stark gestritten wird, kann ich nicht sagen. Wir haben einen Unvereinbarkeitsbeschluss: Wer ein AfD-Mandat hat, kann kein kirchliches Amt innehaben. In Neuruppin hatten wir einen solchen Fall. Die Landessynode hat jedoch ganz grundsätzlich und klar gesagt, das geht nicht. Niemand kann für die Menschenfreundlichkeit Gottes eintreten und zugleich extremistische, menschenfeindliche Positionen vertreten.

Was genau ist nach dem Beschluss unvereinbar?

Ein Amt in der Kirche ist mit der Kandidatur für ein Mandat beziehungsweise ein schon erlangtes Mandat für die AfD in Stadtparlamenten, Kreistagen, Landtagen nicht vereinbar. Das gilt für Hauptamtliche wie Ehrenamtliche gleichermaßen. In Neuruppin ging es um den Vorsitzenden des Ortskirchenrates in Alt Ruppin, der auch Mitglied im Gemeindekirchenrat der Gesamtkirchengemeinde in Neuruppin war.

Warum dieser Unvereinbarkeitsbeschluss? Die Kirche versteht sich ja als politisch neutral.

Ja. Das ist sie auch. Es ist mir wichtig, das zu betonen. Die Kirche ist keine politische Organisation, die einer bestimmten Partei nahesteht. Aber wir haben das Evangelium zu verkünden. Immer und überall. Und dort steht: Sei auf der Seite der Schwachen. Die rechten und rechtsradikalen Tendenzen in der AfD sind damit nicht zu vereinbaren.

Lesen Sie: Was geschieht, wenn die AfD in die Regierung kommt?

Woran machen Sie das fest?

Ein Beispiel: Am Dienstag vor der Landtagswahl hat der AfD-Spitzenkandidat und Katholik Hans-Christoph Berndt in der Fernsehsendung "Ihre Wahl" gesagt: "Nächstenliebe bedeutet, mich um die Angehörigen des eigenen Volks zu kümmern." Das ist klar gegen das Evangelium - was auch immer er mit Volk meint. Den "rein deutschen Volkskörper", von dem er wohl spricht, gab es nie. Das wurde sehr oft nachgewiesen.

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