Nachruf: Der CDU-Politiker Klaus Töpfer ist tot
Klaus Töpfer 2020 im Münchner Arnulfpark
Hans-Bernhard Huber/laif
Nachruf auf Klaus Töpfer
Ein Mahner für die Umwelt
Klima- und Umweltpolitik? Können heute viele nicht mehr hören. Für Klaus Töpfer war die Aussöhnung von Ökologie und Ökonomie schon in den Achtzigern ein Lebensthema. Jetzt ist der CDU-Politiker gestorben
Tim Wegner
11.06.2024
3Min

In diesem Frühjahr machte ein Foto die Runde im Internet, von dem man hoffen muss, dass Klaus Töpfer es nicht mehr gesehen hat. Es zeigt drei Lokalpolitiker seiner Partei, der CDU, die Kettensägen und Astscheren in Händen halten. Dazu der Slogan: "Zeit für einen Grünschnitt". Es sollte wohl lustig rüberkommen, unterstreicht aber, dass das, was Töpfer wichtig war, wieder auf dem Spiel steht - der parteiübergreifende Respekt unter allen Demokraten und die Aussöhnung von Ökonomie und Ökologie. Es war das Thema seines Lebens, denn für Klaus Töpfer war klar, dass es eine konservative Tugend ist, die Umwelt zu bewahren.

Klaus Töpfer, 1938 in Waldenburg im heutigen Polen geboren, wurde 1987 unter Helmut Kohl Bundesumweltminister. Er war damit erst der zweite Umweltminister auf Bundesebene. Das ökologische Gewissen der Bundesrepublik war noch nicht besonders ausgeprägt. Doch durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hatte die Umwelt für viele Menschen einen neuen Wert bekommen. Ebenso durch das Waldsterben und das Fischsterben im Rhein; 1986 waren bei einem Brand in der Schweiz große Mengen an Chemikalien in den Fluss geraten. Um zu zeigen, dass der Rhein sich erholt hatte, sprang Töpfer im Mai 1988, kurz nach seiner Ernennung, in den Fluss. Das Bild machte ihn auf einen Schlag berühmt.

Die Relevanz der Umweltthemen wuchs mit Töpfer – und umgekehrt wuchs Klaus Töpfer an und mit seinem Thema. Und das war auch so, weil Töpfer nie nur Politiker, sondern auch Wissenschaftler war. Seinen Erkenntnisdurst bewahrte er sich durch alle Ämter hindurch. Was er als richtig erkannte, setzte er beherzt um. 1988 gehörte er zu den Autoren eines CDU-Programms, für das er sich einen Satz von enormer politischer Brisanz ersonnen hatte: "Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Energieträgern erfinden." Genau wie sein Gegenspieler auf SPD-Seite, Hermann Scheer, der einer der Vordenker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes werden sollte, war Töpfer seiner Zeit oft voraus.

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1992 fand die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio statt, einer ihrer Wegbereiter war Klaus Töpfer. Die Konferenz schuf ein weltweites Bewusstsein dafür, dass Umweltprobleme keine Grenzen kennen. Und dass viele ökologische Krisen untrennbar mit dem Thema der globalen Gerechtigkeit zusammenhängen. Die Aussöhnung des globalen Nordens und Südens wurde zum zweiten Lebensthema von Töpfer.

Manchmal sehen es die ungeschriebenen Gesetze der Politik vor, dass unbequeme Geister in internationale Organisationen abgeschoben werden, damit ihr Wort nicht mehr so laut in Bonn (und heute Berlin) gehört werde. Sollte dies bei Klaus Töpfer die Absicht gewesen sein, so schlug der Plan fehl. Von 1998 bis 2006 war er Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi. Aber nie wurde er müde, auch in Deutschland Umweltthemen und die Bedrohung durch die menschengemachte Erderwärmung zu adressieren.

Er setzte sich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ein und unterstützte seinen Parteikollegen Bertram Fleck, der als Landrat im Rhein-Hunsrück-Kreis das Kunststück vollbrachte, mehr Strom aus regenerativen Quellen zu produzieren, als der Landkreis selbst verbrauchte.

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Freilich verkörpert auch Töpfer die Widersprüche der deutschen Energiepolitik. Ab 2006 war er Schirmherr des Lobbyvereins Deutsch-Russisches Rohstoff-Forum, das vom russischen Gaskonzern Gazprom finanziert wurde. Der Rest ist bekannt. Als Brückentechnologie gepriesen, führte russisches Gas Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit. Nur wenige CDU-Politiker mögen offen zugeben, dass das sein Fehler war. Doch Klaus Töpfer war bei Weitem nicht der einzige Politiker, der sich in dieser Frage irrte. Auch die SPD hat bis heute mit diesem Kapitel der Energiegeschichte zu kämpfen.

Was bleibt, ist die Rolle Töpfers als Mahner, Umweltprobleme nicht nur ernst zu nehmen, sondern sie in den Mittelpunkt der Politik zu rücken. Es bleibt zu hoffen, dass die CDU dieses Erbe bewahrt.

Klaus Töpfer ist am Samstag in Höxter, der Stadt seiner Jugend, gestorben. Er wurde 85 Jahre alt.