Joe Chialo, weiß genau, welches Lied an seinem Grab gespielt werden soll
"Feindesliebe macht ­unsere Welt besser", sagt Joe Chialo
Dirk von Nayhauß
Joe Chialo im Interview
"Der Gedanke, dass es ein ewiges Leben gibt, ist tröstlich"
Der Musiker und Politiker Joe Chialo ist streng katholisch aufgewachsen. Das beschäftigt ihn bis heute. Ein Gespräch über den Tod seines Vaters, Schuld und Vergebung
Dirk von Nayhauß
13.10.2023
3Min

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenn ich Musik höre. Sei es, dass ich traurig bin, fröhlich oder nachdenklich – es gibt immer eine Melodie, die mein Herz berührt. Mit "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin, die Liveversion aus Japan, verbinde ich viele goldene Momente. Der Song bildet meine verschiedenen Seiten ab: das Zarte, fast schon Sehnsüchtige am Anfang, dann die Klarheit, das Kraftvolle in der musikalischen Entwicklung, das Wollen und Machen. Und dieses Bild der Treppe vom irdischen Jammertal ins himmlische Glück ist ein Trost: Sollte deine Situation im Moment schwierig sein, gibt es einen Ort, an dem es besser ist. Das ist der Song, der an meinem Grab gespielt werden wird.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?

Ich habe das Gefühl, dass es von mir zwei Ichs gibt. Das eine wirkt draußen und nimmt die Rollen wahr, die ihm das Leben zuschreibt. Und dann gibt es ein stilles Ich, meine Seele, dort hat Gott einen festen Platz. Komme ich vielleicht ein Stück vom Weg ab, führt mich dieses stille Ich wieder zurück. Natürlich habe ich auch immer wieder Zweifel, ich bin katholisch. Das Bild Gottes, mit dem ich groß geworden bin, ist geprägt von Himmel und Fegefeuer, richtig und falsch, Gott und Teufel. Ich tue mich bis heute schwer damit.

Dirk von Nayhauß

Joe Chialo

Joseph "Joe" Chialo, 1970 in Bonn als Sohn einer tansanischen ­Diplomatenfamilie ­geboren, ist Berliner ­Senator für Kultur und Gesellschaftlichen ­Zusammenhalt. Nach einer Ausbildung zum CNC-Fräser studierte er fünf Semester ­Geschichte, Politik und wirtschaftliche Staatswissenschaften und war Sänger der Nürnberger Band "Blue Manner Haze". 1998 stieg er ins ­Musikmanagement ein, 2009 gründete er das Label Airforce1 Records, 2018 folgte Afroforce1. 2011 rief er das Gesangstrio ­ "Die Priester" ins Leben. Seit 2022 ist er Mitglied im CDU-Bundesvorstand. 2022 ­erschien auch seine Autobiografie "Der Kampf geht ­weiter. Mein Leben zwischen zwei Welten" (Murmann, 24 Euro). Joe Chialo ist ver­heiratet und hat eine Tochter.

Muss man den Tod fürchten?

Vor sieben Jahren ist mein Vater gestorben. Am Tag zuvor hatten wir ein wunderschönes Gespräch, in dem wir uns gegenseitig unserer Zuneigung versichert haben. Das ist ein Geschenk. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn Wichtiges ungeklärt bleibt, das verursacht einen brutalen Schmerz. Der Gedanke, dass es ein ewiges Leben gibt, ist tröstlich. Ich will meinen Dad schon wiedersehen.

Ist das Leben ein Kampf?

Im Portugiesischen gibt es den Spruch "A luta continua", er kommt aus der Freiheitsbewegung in Mosambik und bedeutet in etwa: "Der Kampf geht weiter." In meiner Familie war das ein stehender Begriff, der den Ton gesetzt hat für mein Leben. Der Satz ist in meinen Ehering eingraviert und der Titel meines Buchs. Er steht für eine totale Entschlossenheit dem Leben gegenüber.

Wie gehen Sie mit Schuldgefühlen um?

Ich habe keine Schuldgefühle. Gibt es etwas, das mich stört, gehe ich hin und kläre es. Aber ich kenne Schuldgefühle aus der Zeit, als ich noch nicht so gut Deutsch gesprochen habe, ich bin mit neun Jahren ins Internat gekommen und konnte mich nicht mitteilen, das war belastend. Wie es mir gelingt, anderen zu verzeihen? Indem ich es tue – aus der ­Erkenntnis heraus, dass niemand vollkommen ist. Feindesliebe ist eine große Herausforderung, gleichzeitig macht sie unsere Welt ein Stück besser. Todsünden verzeihe ich nicht. Vielleicht gelingt es mir nach einer Weile, wenn ich mir Mühe gebe, doch ich vergesse nicht. Und alles, was gegen Kinder geht, ist unverzeihlich.

Wie wäre ein Leben ohne Disziplin?

Ein schönes, ins Chaos führendes Leben. Schön, weil ­Disziplinlosigkeit einem das Gefühl gibt, dass man alles machen kann und nichts muss. Zwischen 20 und 30 war ich oft in Clubs, habe mir selbst viel versprochen, was ich nicht eingehalten habe. Aber wenn man mit sich selbst Kompromisse eingeht, erreicht man kein Ziel. Ich ­brauche Disziplin, mein Tag beginnt mit Sport: 75 Liegestütze, 75 Kniebeugen, 75 Sit-ups, Schattenboxen. Darüber denke ich gar nicht nach, ich stehe auf und fange einfach an.

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Welche Liebe macht Sie glücklich?

Ich unterteile nicht in Kategorien, Liebe ist etwas ­Ganzes. Man muss die Liebe als etwas begreifen, was man selbst spürt – und gibt. Wenn jemand sagt: Nur die Liebe zu Tieren macht mich besonders glücklich, finde ich das schwierig. Entweder hat man Liebe im Herzen. Oder nicht.

Welchen Traum möchten Sie sich noch erfüllen?

Ein frisches Brot mit Käse und Tomaten an einem sonnigen Tag mit Blick auf den See – das ist ein Traum, der mich total glücklich macht. Oder wenn ich meine Mutter in Afrika besuche, wenn ich ein schönes Musikstück höre, Sport mache, tollen Menschen begegne. Ich habe gelernt: Erfüllt sich ein Wunsch, empfindet man in dem Moment Freude, aber nicht Glück. Man darf sein Glück nicht von einem "Wenn" abhängig machen, Glück muss man im Hier und Jetzt leben.

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Schon ein Gedanke noch ein Glaube daran ist größter Betrug in der Geschichte der Menschheit, dann sollte es so sein, warum wird am Grabe so bitterlich geweint und gejammert? Müsste da nicht ein fröhliches Halleluja erklingen: "Er hat es geschafft!"
Denk mal nach!

und habe daher keine Bewusstseinsstörungen, wie es bei den Christen mit ihrem vernagelten Glauben ist. Einmal tot, immer tot, da kannste noch so viel beten. Oder schon einmal einen Toten gesehen, der aus dem Grabe herausgekrabelt ist und Hallelulja gerufen hat?

Antwort auf von Wolfgang (nicht registriert)

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Ja, Glaube und Gebet sind "vernagelt" :) ein toter Mensch wird SICHER nicht aus dem Grabe kommen, aber das Bewusstsein könnte bewusster ... :) Und wenn das Bewusstsein mit den anderen Menschen als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen Mensch wirkt, dann wird das Leben erst interessant und wirklich-wahrhaftig - Matthäus 21,18-22

Ansonsten ist es wirklich-wahrhaftig schade um die verschwendete/verkommene Energie. :)

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Stairways to heaven, interpretiert vom US-amerikanischen Jazz-Gitarrist Stanley Jordan, empfinde ich noch schöner. :)

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Lieber Herr Nayhauß,

ich habe Ihren Beitrag über Joe Chialo interessiert gelesen. Schade, dass Sie Herrn Chialo nicht aufgeklärt haben: In der Bibel wird nirgends von Todsünden geschrieben, sondern alle Sünden führen zum Tod oder besser der Lohn jeder Sünde ob groß oder ganz klein, führt zum Tod.
Und dann stellt sich Herr Chialo über Gott. Er kann keine Todsünde vergeben. Schön das das Gott kann und macht. Er hat für alle Sünden dieser Menschheit bezahlt als er in Jesus Christus gekreuzigt wurde. Das und nur das ist die Gut Nachricht für alle Menschen, sie brauchen sie nur anzunehmen und nicht mehr drauflossündigen. Das war etwas salopp ausgedrückt.
Politiker mit einem technischen Lehrberuf finde ich toll. Was soll dann das Aufzählen von nicht abgeschlossenen Studiengängen? Haben nicht viele irgendwelche Karriereknicke?
Vielleicht kommen Sie noch einmal mit Herrn Chialo zusammen und erzählen ihm diese gute Nachricht, es würde mich freuen.

Liebe Grüßen und Gott befohlen Ihr

Andreas Unger

Antwort auf von Andreas Unger (nicht registriert)

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@Unger: "Er kann keine Todsünde vergeben. Schön das das Gott kann und macht. Er hat für alle Sünden dieser Menschheit bezahlt als er in Jesus Christus gekreuzigt wurde."

Nur mal so, zum Nachdenken: "Gottes Gnade" ist der absolute Tod (die Löschung der "Festplatten" und "Arbeitsspeicher" für wirklich-wahrhaftige Bewusstseinsentwicklung).!?
Und "bezahlt" trifft ES auch nicht annähernd, denn "Gott" ist die Vernunft des Geistes / des Zentralbewusstseins der Schöpfung, und wenn Mensch die Vernunftbegabung nicht umsetzt, als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen, dann ist Jesus Frustration (Matthäus 21,18-22) sehr verständlich, weil er die kompromisslose Konsequenz in "Gottes Gnade" kennt (Jesaja 55,8-11).!?

Antwort auf von Andreas Unger (nicht registriert)

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Geht es nicht einfacher? Wieso ist denn ein ewiges Leben erstrebenswert, wenn mir niemand sagen kann wie (faul oder mit ewiger Fron?) und mit wem zusammen man dort "leben" muß? Niemand mir kann sagen, was denn dann "LEBEN" bedeutet. Als Engel ohne Hunger und Durst? Ewig sind wie Viele? Und wenn mir dann ewig zu lange ist? Einestags/-nachts dann 200 Milliarden in ewigen Sphären? Das Ziel ist, Hauptsache alle sind beruhigt und zwischen den Bänken wird genickt. Erst wenn jemand ein Dixi-Klo im Paradies fordert, wird einigen (nicht allen!) aufgehen, was uns da zugemutet wird. Was einzig und ewig bleibt, ist alternativlos der Gott des Vaterunsers. Der zeigt mir meine Grenzen und lehrt uns Demut.

Antwort auf von Andreas Unger (nicht registriert)

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Zitat: "... In der Bibel wird nirgends von Todsünden geschrieben, sondern alle Sünden führen zum Tod oder besser der Lohn jeder Sünde ob groß oder ganz klein, führt zum Tod".
AW: Und wo ist da der Unterschied? Ob Tod-Sünde oder Sünde die zum Tode führt! Auch alle Löwen müssen sterben! Haben auch die, wie alle Tiere und Pflanzen, den falschen Apfel gegessen? Nicht nur Leben bedeutet Tod. Auch Eisen kann rosten und damit einen anderen Agregatzustand erreichen. Erosion ist der Tod eines Steines. Eine Supernova ist ein GAU. Was sollen diese behaupteten farblosen Vernebelungswei-ß-heiten wie Todsünde, Erbsünde, ewiges Leben, Paradies, Erlösung (von mir selbst?) und Hölle? Das sind doch Glaubens-Psychopharmaka! Herr Sacher hat schon Recht, wenn er den Mantel runterreißt. Damit entsteht nur ein Problem. Es wird kalt!

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Jetzt wird es schwierig! Wenn man das ewige Leben nicht erhält, was hat man dann verloren?
Bekommt man es nicht, ist alles im NICHTS verschwunden. Das NICHTS kann man aber nicht einmal denken. Wo nichts ist, kann auch nichts sein. Die ganze Phantasie beruht auf der Vorstellung, dass es ein gutes und ein schlechtes ewiges Leben geben könnte.

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Was fehlt mir, wenn ich das ewige Leben nicht habe und auch nichts davon weiß? Was ich dann, auch nur im übertragenen Sinn, habe, ist die ewige Ruhe, von der ich aber auch nichts weis. Wer noch nie ein Bier getrunken hat, kann nicht wissen wie es schmeckt und ist deshalb auch nicht ärmer im Geschmack.