Brigitta U. aus Berlin fragt:
Ein guter Bekannter ist Patenonkel eines unserer Kinder und seit vielen Jahren sehr großzügig. Wir luden ihn und seine Lebensgefährtin gern zu allen Familienfesten ein. Nun entwickelt sich die Alkoholkrankheit seiner Partnerin zum Problem: Mal geht alles gut, mal beleidigt sie Anwesende, vergiftet die vorweihnachtliche Atmosphäre und lässt die Kinder betreten zurück. Was sollen wir tun? Aus Dankbarkeit schweigen? Das Gespräch suchen und riskieren, dass er sich von uns abwendet? Oder gibt es noch eine andere Möglichkeit?
Stefanie Schardien antwortet:
Wie so oft steht die Alkoholkrankheit wie ein Elefant im Raum, aber alle tun, als gäbe es ihn nicht. Sie wollen schöne Feiern ohne Störungen, die Bekannten wollen nicht offen mit der Krankheit umgehen. Wenn Sie das Problem alle umgehen, wird es früher oder später zum gefürchteten Kontaktabbruch von der einen oder anderen Seite kommen. An einem Gespräch führt kaum ein Weg vorbei. Wichtig ist: der Modus.
Eine Option ist, mit dem Bekannten über Verantwortung nachzudenken: Sie sehen sich verantwortlich für sich, besonders Ihre Familie und andere Gäste, aber auch für den Freund, womöglich sogar für seine kranke Partnerin. So zugewandt, wie Sie ihn schildern, wird er es ähnlich erleben und sich in der Verantwortung sehen, für sich und seine Partnerin, aber eben auch für Ihre Familie, besonders für die Kinder.
Erzählen Sie ihm, wie Sie die Situationen wahrnehmen: vom Verstummen der Kinder und dem unguten Gefühl aller, auch von der Sorge um ihn und die Freundschaft. Machen Sie deutlich, dass ein "Weiter-so" so wenig Lösung sein kann wie der Kontaktabbruch. Suchen Sie mit ihm nach alkoholfreien Wegen, solange die Krankheit nicht besser im Griff ist: Gemeinsame Spaziergänge oder ein Adventsfrühstück könnten zumindest stundenweise ein Käfig für den Elefanten sein.