Mona Raabe
Mona Raabe, 35: Ich muss bei Konflikten nicht mehr so stur sein
Sebastian Arlt
Streit mit Freunden
Endlich wieder gut miteinander!
Zwei enge Freundinnen ziehen gemeinsam nach München. Eine Leben ohne die andere: für beide unvorstellbar. Doch dann endet die Freundschaft ganz abrupt – "wegen einem Schmarrn". Wie ihnen die Versöhnung gelang
Privat
24.11.2021
4Min

Mona Raabe, 35:

Es dauert lange bei mir, aber wenn man es sich mit mir verscherzt hat, dann endgültig – normaler­weise. Nur bei Theresa war das ­anders, ich habe mit ihr ja meine Jugend und mein Erwachsenwerden geteilt, wir waren irgendwie wie Schwestern. Es gab nichts, worüber wir nicht reden konnten. Wenn wir damals mit Jungs ausgegangen sind, sagten wir immer: Uns gibt es nur im Doppelpack. Wir hatten uns übrigens jede ein Freundschaftskissen gekauft, ein rosafarbenes Plüsch­kissen, sozusagen Freundschaft für immer.

Kennengelernt hatten wir uns an der Bushaltestelle in Schäftlarn, südlich von München. Wir waren beide 15 und aufgeregt, weil es unser erster Tag an der Kinderpflegeschule in Starnberg sein sollte. Vier Monate später bin ich bei ihr eingezogen, ich wollte raus von daheim, auf dem Bauernhof ging es gar nicht mehr mit meiner Mutter. Ich war so glücklich, dass ich mit Theresa und ihren Eltern in ihrem Haus leben durfte, klar habe ich auch etwas ­gezahlt. Sie haben mir so viel beigebracht. Ich lernte dort, wie ­wichtig es ist, einander wertzuschätzen.

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Mit Ende 17 zogen wir zu zweit nach München. Beide hatten wir die Kinderpflegeschule abgebrochen, gingen jetzt auf die Wirtschaftsschule; im Spielzeugladen von Theresas Mutter konnten wir arbeiten und so unser Leben finanzieren. Wir hatten ein gemeinsames Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Wir teilten einfach alles.

Das hat sich dann so hochgeschaukelt

Dann kamen die Männer, die uns wichtig wurden – bei ihr Marcel, bei mir Steve – , und die wollten natürlich, dass jede von uns ihr eigenes Zimmer hat. Wir fingen an, uns zu streiten. Plötzlich hieß es, warum ist der schon wieder da, wer darf wann ins Bad, du bist dran mit Putzen, nein du. Das hat sich dann so hochgeschaukelt, bis ich sagte: Okay, das war’s.

Das war der totale Bruch, 2008 – wegen so einem Schmarrn. Das war, als hätte ich mein halbes Herz ver­loren. Sie hat mir total gefehlt. So eine innige Frauenfreundschaft habe ich nie wieder erlebt. Geblieben ist das rosa Plüschkissen, das hatte ich sogar auf Reisen immer dabei. Ich war stur und habe mich nicht gemeldet.

Mit 25 bin ich schwanger geworden. Als unsere Tochter etwas mehr als ein Jahr alt war, postete ich auf Instagram ein Foto von ihr, mit dem rosa Plüschkissen. Das Bild hat Theresa gesehen und mir geschrieben, wie schön, dass ich ein Kind bekommen habe, und ob das Kissen das ist, von dem sie annimmt, dass es das ist, und ob es bedeute, dass ich sie nicht vergessen habe.

Für mich war das der Wahnsinn. Ich weiß noch, als ich in den Wehen lag, hatte ich zu Steve gesagt, wie schön es wäre, wenn jetzt Theresa auch da wäre. Bei wichtigen Ereignissen hab ich sie besonders vermisst.

Die ersten zehn Minuten waren seltsam

Wir fingen an, uns zu schreiben, und nach ein paar ­Wochen trafen wir uns auch, 2013 war das. Die ersten zehn Minuten waren etwas seltsam, aber dann: Als ob nie was gewesen wäre.

Seltsamerweise habe ich ihre Stimme nicht wieder­erkannt, vielleicht hat sie sich verändert, weil wir nun wirklich erwachsen waren? Wir hatten beide Schicksalsschläge erlebt und festgestellt, wie sehr uns die andere vor allem in diesen Situationen gefehlt hat.

Natürlich haben wir über den Auslöser geredet, ­konnten allerdings nicht nachvollziehen, wie es zum Bruch ge­kommen war. Wie blöd wir damals waren! Ich glaube, wir waren beide auch eifersüchtig, weil es da plötzlich andere wichtige Menschen gab.

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Theresa hat sicherlich Mut gebraucht, um sich zu ­melden, ich bin ihr so dankbar! Das Vertrauen war rasant wieder da, als wenn nichts passiert wäre. Klar streiten wir auch heute ab und zu. Aber ein, zwei Tage später telefonieren wir, und alles ist in Ordnung. Ich muss bei Konflikten auch nicht mehr so stur sein, ich versuche zu verstehen, was dazu geführt hat, ob es Lösungen gibt. So etwas wie mit Theresa darf nie wieder passieren.

Unsere Beziehung ist jetzt sehr stabil, der Fokus liegt bei uns beiden nun auf der Familie. Wir müssen uns nicht täglich hören, wir kleben nicht mehr aneinander, und ­dennoch reden wir, sind füreinander da, ohne uns ver­stellen zu müssen. Es ist ein großes Geschenk, eine so nahe beste Freundin wiederzuhaben – über Hürden hinweg.

Protokoll: Beate Blaha

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