Chile - Doch keine Impfweltmeister
People at the vaccination center receive the Covid-19 vaccine, in Copiapo, Chile, on April 23, 2021. (Photo by Israel Chavez/NurPhoto via Getty Images)
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Neue Welle trotz schnellem Impfen
Chile kriegt die Pandemie schnell in den Griff, so schien es anfangs. Mittlerweile ist der Optimismus gedämpft, wie Auslandspfarrer Johannes Merkel berichtet.
26.04.2021

Ende Februar: Ich sitze im Parkhaus der Deutschen Klinik in Santiago, das kurzerhand zum Wartesaal umfunktioniert worden ist. Ich bin ein bisschen aufgeregt, denn gleich werde ich meine erste Corona-Impfung erhalten. Weniger ist es die Aussicht auf persönlichen Schutz, die mich bewegt, als mehr das wirklich ausgezeichnete Gefühl, Teil vom "Ende der Pandemie" zu sein. Dies schien sehr nah, verfolgte Chile doch eine hochgelobte und konsequente Impfstrategie. 

 

Privat

Johannes Merkel

Johannes Merkel ist Auslandspfarrer in Santiago de Chile

Der Krankenschwester muss ich mein Zertifikat vorzeigen, welches belegt, dass ich an einer Schule arbeite – Menschen im Bildungsbereich sind nach medizinischem Personal und allen über 70 Jahren als dritte Impfgruppe priorisiert worden. Sie vermutet, dass ich Deutschlehrer sei, und als ich das verneine und erkläre, dass ich als Pfarrer Religionsunterricht gebe, werde ich in der Impfkabine erst mal in ein grundsätzliches Gespräch verwickelt: Sie sei ja schon gläubig – aber wie es denn sein könne, dass Gott so viel Leid zulässt, besonders bei den Kindern?

Krankenhäuser vorm Kollaps

Heute, zwei Monate später, hat das Leid nicht aufgehört. Zwar sind in Chile inzwischen über 40 Prozent der Bevölkerung einmal gegen Covid-19 geimpft, ein Großteil von diesen auch ein zweites Mal. Aber die Krankenhäuser stehen vor dem Kollaps, für große Teile des Landes gelten umfassende Ausgangsbeschränkungen. Es wird viel diskutiert, woran das liegt. Am schlechter wirkenden chinesischen Impfstoff, der im Impfprogramm bisher eine zentrale Rolle spielte? Oder an den neuen Varianten, die zum Beispiel aus dem nahen Brasilien eingeschleppt worden sind? Manche verweisen auch darauf, dass die Bevölkerung erschöpft ist, was das Einhalten der Corona-Maßnahmen anbetrifft. Andere meinen, dass der Ruf, "Impfweltmeister" zu sein, viele zum Leichtsinn verführt habe.

Zweimal wöchentlich raus

Das "Ende der Pandemie" scheint aktuell jedenfalls weiter entfernt zu sein als noch vor ein paar Wochen – sowohl, was die täglichen Zahlen als auch, was die konkreten Lebensumstände angeht. Wie die meiste Zeit im Jahr 2020 läuft wieder alles digital: Gemeindearbeit, Schule der Kinder, Spieleabend mit Freunden, Einkaufen. In weiten Teilen des Landes darf man aktuell zweimal für je zwei Stunden das Haus verlassen – nicht pro Tag, sondern pro Woche! Die gerade in Deutschland diskutierten "Verschärfungen" wirken aus dieser Perspektive wie "Freiheit". 

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