Manfred P., aus Frankfurt fragt:
"Neulich hat sich bei mir ein früherer Mitschüler gemeldet, Daniel. Er sei auf der Durchreise, ob er übernachten dürfe? Sicher! Daniel kommt allein vorbei. Meine Frau Irene setzt sich dazu, schnell geht es um schwierige Themen, Islam, Integration, angebliche Sprechverbote. Irgendwann will Daniel etwas aus dem Auto holen, Irene begleitet ihn. Im Wagen liegen AfD-Plakate. Schließlich gehen alle zu Bett, meine Frau und ich können kaum schlafen. Wir recherchieren im Internet und finden menschenverachtende Facebook-Einträge von Daniel. Am liebsten würden wir ihn bitten, noch vor dem Frühstück zu gehen."
Stefanie Schardien antwortet:
Natürlich ist es allein meine Entscheidung, wer mit mir unter meinem Dach frühstückt. Aber mittlerweile schwingt da noch eine andere Frage mit: Wie kann man klug umgehen mit Menschen, die rechte Sprüche klopfen? Pfadfinder in meiner früheren Gemeinde hatten ein ähnliches Problem, als ein langjähriges Mitglied mit AfD-Aufkleber auf dem Auto vorfuhr. Nach einem ernsten Gespräch der Leiter über den Widerspruch dieser politischen Gesinnung zu Toleranz, Nächstenliebe und Gemeinschaftssinn der Pfadfinderschaft war zumindest der Aufkleber verschwunden. Doch klar blieb die Unsicherheit groß. Schnell befeuert man ja den Opfermythos. Sie könnten trotzdem versuchen, dem AfD-Politiker ein Vorbild zu sein. Indem Sie etwa zeigen, was Gastfreundschaft gegenüber "Fremden" bedeutet. Oder indem Sie ohne Polemik mit Fakten argumentieren. Denn es ist in diesen Zeiten gut nachvollziehbar, dass Sie klar Position beziehen und eine Konfrontation nicht scheuen wollen.
Aber Ihnen geht es nicht gut mit diesem Gast, das ist nicht zu unterschätzen! Und welchen Nutzen hat es, die Diskussion beim Frühstück fortzuführen? Leider zeigt die Erfahrung, dass AfD-Vertreter kaum an ernsthaften Diskussionen über ihr Weltbild interessiert sind. Also gilt für den konkreten Fall: Ich muss nicht, aber ich darf jemandem mein gutes Frühstück verweigern, der umgekehrt ja vieles von dem zurückweist, das mir wichtig ist.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 23.03.2020.