Hinter mir liegen vier Jahre Dienst in Griechenland - in Thessaloniki, das mir eine Heimat geworden ist. Nun war ich die vorerst letzte Pastorin, die die Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) nach Thessaloniki entsandt hat. Die Gemeinde wird zwar nicht aufgelöst, kann sich aber kein hauptamtliches Pfarrerpersonal mehr leisten.
Meist werden solche Gemeinden dann zunächst von Pfarrern oder Pfarrerinnen im Ruhestand versorgt, die 50 Prozent Arbeitszeit in der jeweiligen Gemeinde haben und zunächst für zehn Monate da sind. Wenn sie die Gemeinde länger begleiten möchten, können sie das beantragen. So war es in Athen, auf Kreta und Rhodos und ist nun auch in Thessaloniki der Fall.
Seitdem ich nicht mehr da bin, übernimmt der Gemeindekirchenrat viele Aufgaben. Er trägt dafür Sorge, darüber zu entscheiden, wie die Gemeinde geleitet werden soll. Wo möchte die Gemeinde hin? Welche Perspektiven gibt es? Welche neuen Ideen können helfen?
Die Gemeinden werden älter
Insgesamt werden die Gemeinden älter - nicht nur in Deutschland. In die Gemeinde in Thessaloniki kommen keine Jüngeren nach, auch wenn etliche Deutsche, besonders Rentner, in der Region in Nordgriechenland leben. Aber die wenden sich in der Regel erst dann an die Kirche, wenn sie bürokratische Fragen haben oder es einen Notfall gibt. Am Anfang meiner Amtszeit haben wir etwa eine Frau mit ihrem Mann begleitet, als er einen Schlaganfall erlitten hat.
Mittlerweile kann man alles, was man im Ausland braucht, im Internet finden: deutsche Rechtsanwälte, deutsche Ärzte, Kontakte mit anderen über soziale Medien wie Facebook, wo es Gruppen speziell für Auswanderer gibt. Man braucht uns dafür nicht mehr. Noch vor zehn Jahren war das anders. Da war der Informationsbedarf über die deutsche Gemeinde sehr groß - neben dem Goethe-Institut oder dem Deutschen Generalkonsulat.
Bei den sozialen Fragen kommen wir dann doch ins Spiel. Lange Zeit haben wir als Gemeinde Menschen im Gefängnis betreut. Die Gemeinde unterhält zwei Wohnungen für Geflüchtete, die begleitet werden. Es gibt einen Laden, in dem Kleiderspenden aus Deutschland günstig verkauft werden. Die Gemeinde unterstützt Deutsche und Griechen mit Lebensmittelspenden und hilft finanziell. Durch die Pandemie ist vieles entfallen - das hat die Zukunftsperspektive der Gemeinde zusätzlich verschlechtert.
Viele können sich die Mitgliedsbeiträge nicht mehr leisten
Viele jüngere Leute verlassen das Land. Die wirtschaftliche Lage ist nicht gut, eine Arbeit im Ausland verspricht ein besseres Leben. Das bedeutet, dass etliche Senioren aus der Gemeinde alleine sind - die Kinder sind weg. Die kommen vielleicht mal zu Ostern oder Weihnachten zu Besuch. Das schränkt die Mobilität der Älteren ein, sie können nicht mehr aus ihren oft weit entfernten Ortschaften in die Gemeinde kommen. Viele können sich zudem durch die Krise die Mitgliedsbeiträge nicht mehr leisten. Da zählt jeder Euro im Monat.
Brigitte Bittermann
In der Gemeinde müsste sich wieder mehr Engagement und Eigeninitiative entwickeln. Von einigen habe ich gehört "Wenn ich Zeit habe, schaue ich auch mal vorbei" oder "Bitte sei nicht traurig, wir denken doch an euch". Das ist zwar schön, aber hilft nichts. Ohne eine klare Kommunikation und einen Zukunftsplan ist die Gemeinde in ihrer Existenz gefährdet. Ich wünsche mir für Thessaloniki, dass die EKD die Gemeinde weiter unterstützt und mit ihr Wege sucht, um ihre Zukunft zu gestalten. Dafür braucht es den festen Wunsch in Thessaloniki - und Zuversicht.