In 104 Bahnhöfen in Deutschland gibt es Bahnhofsmissionen. Die erste wurde 1894 am heutigen Berliner Ostbahnhof eröffnet.
chrismon: Warum wurde vor 125 Jahren die erste Bahnhofsmission eröffnet?
Klaus Dieter Kottnik: Damals kamen an diesem Bahnhof viele junge Frauen aus Schlesien an, um in Berlin Arbeit zu suchen. Der Pfarrer der Marienkirche und engagierte Berlinerinnen wollten verhindern, dass die Frauen auf die schiefe Bahn geraten. Sie haben sie in Empfang genommen und geholfen, Übernachtungsmöglichkeiten und Arbeit zu finden.
Klaus-Dieter Kottnik
Claudia Keller
Wem hilft die Bahnhofsmission heute?
Menschen, die neu in die Stadt kommen und Unterkunft und Ansprechpartner suchen, psychisch kranken Menschen, auch vielen Wohnungslosen. Für 60 Prozent unserer Gäste ist die Bahnhofsmission der einzige Ort, wo sie sich akzeptiert fühlen.
Kommen auch vermehrt Einsame?
Einsamkeit ist sehr verbreitet in unserer Gesellschaft, das merken auch wir. Etliche Bahnhofsmissionen sind Anlaufstellen für Menschen, die eine Wohnung haben, ein Einkommen, aber niemanden zum Reden. Die Kolleginnen und Kollegen etwa in Halle machen jeden Morgen Frühstück für einsame Leute.
"Wer helfen will: einfach anrufen!"
Die Weihnachtstage sind für Alleinstehende oft besonders schwierig.
In großen Städten haben die Bahnhofsmissionen über Weihnachten offen, in manchen Bahnhöfen laden sie Heiligabend zum Gottesdienst und zum gemeinsamen Essen ein. Es kommen an Weihnachten auch oft Menschen, die Kleidung oder eine warme Unterkunft brauchen und weitervermittelt werden wollen. Wir sind froh, wenn wir gerade an diesen Tagen Unterstützung bekommen, auch durch Sachspenden. In Leipzig hat 2018 jemand Schokoladennikoläuse vorbeigebracht, mit denen wir Menschen eine Freude gemacht haben, die sonst nichts haben. Wer helfen will: Einfach bei der Bahnhofsmission anrufen und fragen, was zu tun ist.