Zeit für einen Rücktritt
Sachsens Bischof Rentzing hat sich nicht klar genug von völkischem Gedankengut distanziert.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
14.10.2019

Das Recht, ein anderer zu werden, so verstand die Theologin Dorothee Sölle die Buße. Davon ging auch das kirchenleitende Gremium der sächsischen Landeskirche aus, als es seinem Bischof Carsten Rentzing im Oktober Texte vorlegte, die er als Student geschrieben hatte. Diese Texte waren zwischen 1989 und 1992 in einer damals selbstverlegten Zeitschrift namens "Fragmente" mit der Auflage von 100 Exemplaren erschienen. Sie seien – so die offizielle Verlautbarung der Landeskirche – "als elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich einzustufen": "Sie sind aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar."

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Burkhard Weitz

Burkhard Weitz war als chrismon-Redakteur bis Oktober 2022 verantwortlich für die Aboausgabe chrismon plus. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Bielefeld, Hamburg, Amsterdam (Niederlande) und Philadelphia (USA). Über eine freie Mitarbeit kam er zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" und war mehrfach auf Recherchen in den USA, im Nahen Osten und in Westafrika. Seit November 2022 betreut er als ordinierter Pfarrer eine Gemeinde in Offenbach.

Nur: Ist Carsten Rentzing in den 30 Jahren seither ein anderer geworden? Im Mai 2015 wurde Rentzing mit einer Stimme Mehrheit zum Landesbischof gewählt. Der Kandidat der Konservativen hatte damals angekündigt, er wolle die polarisierte Kirche zusammenführen. Sicherlich reichten die vier Jahre im Amt nicht, um das zu leisten. Viele zweifeln aber, dass Rentzing je wirklich angefangen hat, auf die liberaleren Kräfte in seiner Kirche zuzugehen. Er sei zu zögerlich gewesen oder habe sich gar nicht geäußert, wenn aus der Landeskirche heraus eine klare Position gewünscht war: als Pegida erstarkte, als Kirchenleute wegen ihres Engagements für Flüchtlinge angegriffen wurden, als die AfD in der Landtagswahl 27,5 Prozent holte und zweitstärkste Partei wurde: Was geht noch, wo macht die Kirche nicht mehr mit? Schließlich unterzeichneten 700 Bürger die Petition "Nächstenliebe verlangt Klarheit" und forderten den Bischof auf, sich von der Neuen Rechten zu distanzieren.

Den Diskurs, wie können wir den Rechtsnationalisten und den Demokratieverächtern in unserer Gesellschaft entgegentreten, diesen Diskurs habe Rentzing nie gewollt, "er hat ihn ja abgeblockt", sagte Christian Wolff, der frühere Pfarrer der Leipziger Thomaskirche, im MDR, "und das ist das Problem." Am Ende fehlten die Hinweise, dass Rentzing von seinem Recht, ein anderer zu werden, wirklich Gebrauch gemacht hatte. Es war richtig, dass er am 11. Oktober die Konsequenzen zog und seinen Rücktritt angekündigt hat.

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AfD Demonstration
DEU, Deutschland, Germany, Berlin, 09.06.2018 Demonstranten mit weissem Kreuz und Deutschlandfahne auf der Demonstration und sog. Marsch fuer Frauen, Frauenmarsch, organisiert von Mitglieder der rechtspopulistischen Partei AfD, Alternative fuer Deutschland, und Leyla Bilge, Referentin der AfD, unter dem Motto " Frauen fuer Freiheit Wir Sind Kein Freiwild Nirgendwo " im Regierungsviertel in Berlin. Auf der Demo unter Beteiligung rechter Gruppen und Organisationen demonstrieren Frauen und Maenner nach Angaben der Veranstalter fuer den Schutz deutscher Frauen vor Uebergriffen von Migranten. Hiermit soll ein ein Zusammenhang zwischen sexueller Gewalt und der Zuwanderung von Fluechtlingen und Migranten hergestellt werden. Supporters and Demonstrants with white cross at a rally of German right-wing populist grouos and the party AfD, Alternative fuer Deutschland, Alternative for Germany, and other right-wing parties and organisations at a women' s march under the slogan March for Women, Frauenmarsch, in support of the protection of women's rights on June 09, 2018 in Berlin, Germany. The AfD, which is Germany's biggest opposition party, has made anti-immigration policy and against Muslims central to its party platform. A variety of groups held counter protests [(c) Stefan Boness / Ipon - Veroeffentlichung nur gegen Honorar (zuzuegl. MwSt.), Namensnennung und Beleg an: Stefan Boness, Claudiusstr. 6, 10557 Berlin, Phone: ++49-(0)30-3934318, E-mail: boness@iponphoto.com, www.iponphoto.com; Bankverbindung: Berliner Sparkasse, IBAN: DE23 1005 0000 0940 1653 50, BIC: BELADEBEXXX, Kto.: 940165350, BLZ 100 500 00; No Model Release. No property Release. Vereinbarungen ueber Model Release / Abtretung von Persoenlichkeitsrechten der abgebildeten Person / Personen liegen nicht vor. Bei werblicher Nutzung vorher
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