Anfänge - Palästinensisches Tierheim
Anfänge - Palästinensisches Tierheim
Jonas Opperskalski
"Verletzte Hunde bringe ich nach Israel"
Die Christin führt ein Tierheim bei Bethlehem. Einfach ist das nicht
29.05.2019

Diana George Babish, 50:

In meiner Heimat, den palästinensischen Gebieten, gibt es viele wilde Hunde und Katzen. Die Hunde leben seit Jahrtausenden in dieser Region. Die Katzen brachten die Briten mit, als sie Palästina in den 1920er Jahren kontrollierten. Seitdem haben die Tiere sich stark vermehrt. Manche Palästinenser sehen in ihnen eine Plage, vergiften oder erschießen sie. Manchmal werden Hunde und Katzen auch von Autos angefahren und verenden elend auf der Straße. Das tut mir in der Seele weh.

Ich war 22 Jahre alt, als ich den ersten Hund adoptierte – 
oder besser, er adoptierte mich: Damals arbeitete ich in einer Bank in Bethlehem, ich konnte zu Fuß zur ­Arbeit ­gehen und freundete mich auf dem Weg mit einem Straßen­hund an. Von da an wartete er jeden Morgen auf mich, begleitete mich zur Bank und abends zurück nach Hause. Bis er plötzlich verschwand.

"Wer Tieren Schaden zufügt, kann nicht wirklich religiös sein"

Einige Zeit später sah ich, wie Kinder einen Welpen über den Boden schleiften. Ich griff ein und nahm das Tier mit nach Hause. Seitdem habe ich noch viele ­andere Tiere adoptiert. Ich bin ledig und wohne bei meinen ­Eltern, wir haben viel Platz, einen Garten und einen Hof. Meine Tierliebe sprach sich herum, und die Leute kamen zu mir, wenn sie verletzte Hunde oder Katzen gefunden hatten. Ich konnte nicht alle zu Hause aufnehmen.

Deshalb wollte ich ein Tierheim einrichten. Der damalige Bürgermeister von Beit Sahour, einem Vorort von Bethlehem, fand die Idee gut und gab mir ein kleines Stück Land. 2015 eröffnete ich darauf das erste palästinensische Tierheim und meldete eine Nichtregierungsorganisation an, die Animal and Environment Association Bethlehem.

Seitdem komme ich nicht mehr zur Ruhe, Tag und Nacht klingelt mein Handy. 2017 kündigte ich meine ­Stelle in der Bank, das Tierheim ist jetzt mein Vollzeitjob. Im Moment habe ich 70 Hunde und Katzen, obwohl der Platz eigentlich nur für 50 Tiere reicht. Neulich brachte mir ­jemand eine Hündin mit mehreren Welpen, die von einem Auto angefahren worden waren.

Ich lasse alle Tiere impfen, sterilisieren und suche über Facebook neue Besitzer für sie. Die meisten werden von Israelis adoptiert. Auch verletzte Tiere bringe ich zur Behandlung nach Israel, die Tierärzte dort haben mehr Erfahrung und bessere Ausrüstung. Manchen Palästinensern gefällt das nicht, sie meinen, ich kooperiere mit einer feindlichen Besatzungsmacht. Aber Politik hat damit nichts zu tun, mir geht es nur um das Wohl der Tiere. Anfangs sammelte ich private Spenden, inzwischen unter­stützen mich zwei größere Tierschutz- und Wohltätigkeitsorganisationen.

Trotzdem ist die Lage schwierig. Jetzt verlangen die lokalen Behörden auch noch, dass ich mit dem Heim umziehe. Angeblich hätten sich Anwohner über Lärm und Schmutz beschwert, aber ich glaube, die Behörden wollen das Land bloß für andere Zwecke nutzen. Noch haben sie ihre Drohung nicht wahr gemacht, viele unserer Unterstützer haben angerufen und E-Mails geschickt, das hat sie wohl beeindruckt. Aber ich habe Angst, dass irgendwann doch jemand kommt, um das Heim zu schließen. Wo soll ich dann mit den Tieren hin?

"Hier ist es nicht üblich, Haustiere zu halten"

In der palästinensischen Gesellschaft ist es nicht üblich, Haustiere zu halten. Viele Menschen sind arbeitslos, es ist schwer genug für sie, ihre Familien zu ernähren. Manche halten Hunde auch für unreine Tiere. Manchmal, wenn ich Hunde ausführe, bellen mir junge Männer nach, um mich aufzuziehen. Deshalb gehe ich an Schulen und ­gebe Tierschutz-­Workshops, und ich sehe, dass ich etwas bewege. Wenn ich Jugendlichen Fotos von misshandelten ­Hunden und Katzen zeige, haben die meisten Mitleid. ­Unsere Facebook­seite hat Tausende lokale Unterstützer. Und viele junge Leute aus der Umgebung, Muslime und Christen, helfen mir bei der täglichen Arbeit mit den Tieren.

Meine Tierliebe hat auch mit meinem Glauben zu tun. Als Christin bin ich aufgewachsen mit der Lehre Jesu, zu lieben statt zu hassen. Er selbst wurde in einem Stall geboren, umgeben von Tieren. Durch meine Arbeit weiß ich aber auch: In allen Religionen gibt es Menschen, die Tiere lieben. Ich glaube, dass ein Mensch, der Tieren Schaden zufügt, nicht wirklich religiös sein kann. Denn wir ­müssen Gottes Schöpfung respektieren, egal ob Menschen, Tiere oder Pflanzen.

Protokoll: Mareike Enghusen

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Interessiert sich Chrismon mehr für das Schicksal palästinensischer Hunde, als palästinensischer Menschen? Im Angesicht der brutalen Unterdrückung, der besonders Palästinenser im Gazastreifen in letzter Zeit ausgesetzt waren, liest sich Ihr Artikel über "das erste palästinensische Tierheim" wie blanker Hohn. Die palästinensischen Demonstranten im Gazastreifen demonstrieren seit über einem Jahr für ihr Rückkehrrecht an ihre Heimatorte in Israel, dafür wurden sie von der israelischen Armee zu Tausenden verletzt und getötet. Während jeder deutsche Kirchenvertreter und Christ Israel besuchen darf, darf die Mehrheit der einheimischen Palästinenser, die Flüchtlinge die während der israelischen Staatsgründung 1948 vertrieben, enteignet, entrechtet und ausgebürgert wurden, ihre Heimatorte weder besuchen noch zurückkehren. Die Härte der israelischen Armee erinnerte an das Sharpeville Massaker im früheren Apartheid Südafrika. Auch dort kämpften die Einheimischen gegen Unterdrückung und für gleiche Rechte. Auch dort dauerte es zu lange, bis die Weltgemeinschaft sie mit Boykott und Sanktionen unterstütze. Diesem Thema sollte sich Chrismon stellen.

Sehr geehrte Frau Matthes,

natürlich interessieren wir uns auch für die Menschen in den Palästinensergebieten! Lesen Sie zum Beispiel hier eine Reportage von 2018:  https://chrismon.evangelisch.de/geburtsklinik Ich denke, dass die Menschen dort neben allen Gewalt- und Ungerechtigkeitserfahrungen AUCH ein Alltagsleben haben, in dem sie zum Beispiel Blumen gießen oder sich um Tiere kümmern. In chrismon hat beides Platz: das ganz Schlimme und das ganz Normale.

Herzliche Grüße

Christine Holch/ Redaktion chrismon

Ich möchte Stellung nehmen zu dem Leserbrief "Wie blanker Hohn" von Sabine Matthes.
Zunächst einmal war mir das Wort "Hohn" im Zusammenhang mit Tierschutz vollkommen fremd.Wieso werden Menschen verhöhnt,wenn Tieren geholfen wird,bzw. darüber berichtet wird?
Es gibt Menschen,die unseren besonderen Schutz brauchen,und ja,es gibt auch Tiere,die unsere Hilfe nötig haben.Und es ist wunderbar,wenn wir ihnen helfen können.
Jesus Christus liebte die Menschen und die Tiere,und in seinem Sinne handeln wir,wenn wir uns für beide,Menschen und Tiere gleichermaßen einsetzen.
chrismon engagiert sich sehr für Menschen in Not,was bitte soll falsch daran sein,jetzt auch einmal auf Tiere aufmerksam zu machen,die leiden,und über Menschen zu berichten,die ihnen helfen.
Da chrismon Menschen und Tiere am Herzen liegen,finde ich den Vorwurf absolut unberechtigt.
Christlich handeln wir,wenn wir Mitgefühl mit Gottes Geschöpfen haben,egal ob sie 2 oder 4 Beine haben,Fell oder Federn.
Schade,dass Menschen,die sich für Tiere engagieren,sich immer wieder mit diesem Vorwurf konfrontiert sehen,wenn sie über Tiere in Not berichten oder aktiv im Tierschutz sind,nämlich,dass sie die Menschen nicht sehen.

Von mir jedenfalls herzlichen Dank an chrismon für diesen Bericht über das palästinensische Tierheim!