Pomologe Jens Meyer im Interview
Ein Apfel für jede Jahreszeit
Supermarktketten bestimmen, welche Apfelsorten angebaut werden. Viele Sorten sind vom Aussterben bedroht. Dagegen können wir was tun, sagt Pomologe Jens Meyer
Apfelsortiment
Probiert mal!
Lisa Rienermann
Tim Wegener
Aktualisiert am 20.09.2024
3Min

Sind neue Apfelsorten resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge?

Jens Meyer: Im Gegenteil. Moderne Sorten sind oft krebsanfällig und schorfempfindlich. Selbst im Bioanbau werden Äpfel mehrmals mit Schwefel und Kupfer behandelt. Biobauern bauen auch hauptsächlich Supermarkt­sorten an. Dabei wäre mehr Variabilität schlauer. Manche Sorten muss man nie spritzen, sie kriegen auch nie Schorf.

Warum baut die niemand an?

Weil ein paar große Supermarktketten bestimmen, was gezüchtet wird. Die wollen Masse und wenig Auswahl.

Wozu braucht man dann die alten Sorten?

Für die Zucht neuer Sorten benötigt man genetische Vielfalt. Wir wissen zum Beispiel nicht, welche Auswirkungen der Klimawandel noch auf den Apfelanbau haben wird.

Woher bekommt man alte Sorten?

Sorten wie den Finkenwerder Herbstprinzen bekommt man auf dem Wochenmarkt oder im Bioladen. Bei uns in der Gegend, in Lübeck, haben wir eine Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft, die Supermärkte betreibt. Ich bin auch Mitglied. Schade, dass es das nicht überall gibt.

Was macht eigentlich ein Pomologe?

Im Spätsommer und Herbst sitze ich fast jedes ­Wochenende auf Apfelfesten und bestimme Sorten von Privatleuten, damit sie wissen, was in ihrem Garten wächst. Außerdem prüfen wir für das Erhalternetzwerk Obstsortenvielfalt Äpfel und Birnen auf ihre Sortenechtheit. Dazu sammeln wir Proben der Erhalter, also von Sammlern und Baumschulen ein, und vergleichen die Merkmale der Äpfel mit Beschreibungen in Büchern oder Vergleichspflanzungen.

Manche Sorten sind nicht "echt"?

Ja, zwischen 30 und 50 Prozent der Lieferungen von Baumschulen sind eigentlich falsche Sorten.

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Infobox

Eine Übersicht, wo Sie alte Apfelsorten kaufen können, finden Sie auf unserer Apfelkarte.