Medizin/Gesundheit im Internet
Zusammengestellt von Christine Holch, Redaktion chrismon, 01/2018. Den ###inhalt|3383|Haupttext, warum Arzt-Patienten-Gespräche oft misslingen, finden Sie hier###.
Warum suchen Menschen im Internet nach Gesundheitsinformationen?
Viele Menschen suchen vor und vor allem nach einem Arztbesuch nach genaueren Erklärungen im Internet. Zum Beispiel weil der Arzt, die Ärztin kurz angebunden war oder nicht gut erklärt hat oder nur einen einzigen Therapievorschlag gemacht und keine Alternativen besprochen hat. Warum Arzt-Patienten-Kommunikation so oft misslingt – und was man selbst zu einem Gelingen beitragen kann, lesen Sie in chrismon. Oder es liegt ein Arztbrief oder Untersuchungsbericht vor – und man versteht ihn nicht. Oder man hat ein Symptom, eine Beschwerde und will wissen, was das ist.
Achtung: Das müssen Sie beachten beim „Rumgoogeln“
Die klassische Suche geht so: Man hat ein Beschwernis und will wissen, ob es schlimm ist, wie die Krankheit dazu heißt. Leider führen einen die Internetreffer dann oft in die Irre. Beispiel anhaltende Kopfschmerzen. Sie werden recht schnell beim Hirntumor landen. Das ist typisch, denn im Internet finden Sie mehr Informationen zu schweren Krankheiten als zu leichten. Ja, manche Patienten mit Hirntumor leiden an Kopfschmerzen. Aber die allerwenigsten der Kopfschmerzgeplagten haben einen Hirntumor.
Was hab ich? Nachgucken in herkömmlichen Gesundheitslexika!
Hilfreicher als das Internet sind oft die klassischen Gesundheitslexika, also diese dicken Bücher, in denen man vorn Entscheidungsbäume findet: Man guckt beim Symptom „Halsweh“, beantwortet dann mehrere Fragen und bekommt am Ende ein paar Krankheitsmöglichkeiten angezeigt. Solche Bücher gibt es nur noch wenige (wegen Internet …), aber noch erhältlich sind zum Beispiel diese beiden: „Das große Südwest Gesundheitsbuch: Mit Selbstdiagnosetafeln und Checklisten für den Arztbesuch“, 2006, oder, ebenfalls mit Anleitung zur Selbstdiagnose: „Praxishandbuch Medizin & Gesundheit: Wissen/Ratschläge/Selbsthilfe“, 2007.
Wann Internet, wann Arztpraxis?
Für eine richtige Diagnose geht man zu einer Ärztin, einem Arzt. Die können meist recht sicher und schnell schwere Krankheiten ausschließen. Erst wenn die Diagnose feststeht, kann man tatsächlich gute Informationen im Internet finden. Etwa zu Behandlungen oder zu weiteren Untersuchungen.
Trefferliste – was oben steht, ist gut?
Was in den Trefferlisten der Suchmaschinen ganz oben landet, sind nicht automatisch die besten Seiten. Es sind erst einmal nur die Seiten, die besonders häufig von Ihnen oder anderen Leuten aufgerufen werden. Wie leicht Menschen allein durch das Ranking in ihren Entscheidungen – etwa zum Impfen – zu beeinflussen sind, zeigt diese Deutschlandfunk-Sendung von Martina Keller (auch zum Nachlesen).
Sehr gute Webseite mit korrekten und unabhängigen Informationen
Solch eine Seite gibt es: nämlich die im Auftrag des Gesetzgebers eingerichtete Internetseite gesundheitsinformation.de. Eine Perle unter den Gesundheitsseiten! Noch sind dort nicht zu allen Krankheiten und allen Untersuchungen Informationen eingestellt, aber die Seite wird laufend erweitert – am besten, man registriert sich für den Newsletter, dann erfährt man alle zwei Wochen das Neueste. Nur wissenschaftlich belegte Informationen werden hier veröffentlicht. Unter jedem Artikel stehen auch die Quellen.
Das Bundesgesundheitsministerium will möglichst bald alle öffentlich finanzierten Seiten zu einem einzigen allumfassenden verlässlichen Nationalen Gesundheitsportal zusammenfassen. Derzeit wird ein Konzept erarbeitet.
Wie kriege ich raus, ob eine Seite gut ist?
Oft kennt man sich mit irgendeiner Krankheit, irgendeinem Organ schon sehr gut aus. Dieses Beispiel sucht man auf den verschiedenen Seiten und erkennt dann meist schnell die Qualitätsunterschiede.
Beispiel: Knie-Arthroskopie, auch Kniespiegelung genannt. Auf netdoktor.de wird unter der Überschrift „Wann macht man eine Kniespiegelung“ auch die Knie-Arthrose aufgeführt. Dabei hat sich die Kniespiegelung bei reiner Arthrose schon vor Jahren als sinnlos erwiesen, die Krankenkassen zahlen sie auch nicht mehr. Auf gesundheitsinformation.de hingegen wird das ausführlich erläutert.
Viele Menschen landen mit ihren Suchanfragen zuerst bei netdoktor.de. Das Portal gehört zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und hat Werbung auf der Seite. Die Redaktion gibt sich durchaus Mühe, das Portal taugt zumindest für einen ersten Überblick. Zum Beispiel wenn man was hat mit der Schulter oder der Leber, aber bislang keine Ahnung hat, wie Schulter bzw. Leber eigentlich funktionieren.
Die können Sie fast alles fragen – per Mail oder Telefon
Die ÄrztInnen und JuristInnen der Unabhängigen Patientenberatung kann man per Mail, Telefon, Fax oder vor Ort in 30 Städten fast alles fragen: zu Untersuchungen und Therapien, bei Ärger mit der Kasse, bei Verdacht auf Behandlungsfehler usw. Nur Therapieempfehlungen bekommt man hier nicht. Man kann auch auf der Seite herumsurfen und findet einiges – etwa zur Existenzsicherung im Krankheitsfall oder zu einzelnen Krankheiten. Diese Beratung wird von den Krankenkassen bezahlt (also von uns Krankenkassenmitgliedern), ist aber von den Krankenkassen unabhängig.
Faktenboxen – Wissen kompakt in Nullkommanix
Soll ich mich gegen Grippe impfen lassen? Helfen Antibiotika bei Erkältungen? Nützt mir der allgemeine Gesundheits-Check-up? Soll ich mir Hyaluron oder Kortison ins Knie spritzen lassen? Soll ich meinen Rücken bei Rückenschmerzen röntgen lassen? Was nutzen Früherkennungen von Brustkrebs, Prostatakrebs, Hautkrebs? Haben Kinder Vorteile von einer Mandeloperation?
- Faktenboxen dazu hat das Harding-Zentrum für Risikokompetenz erstellt, es gehört zum Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: www.harding-center.mpg.de/de/faktenboxen
- Grafisch besser lesbar sind die Faktenboxen der „Weißen Liste“, einer gemeinnützigen GmbH, die zur Bertelsmann-Stiftung gehört, man findet die Faktenboxen unter „Entscheidungshilfen“
- Auch die AOK hat Faktenboxen auf ihrer Seite: www.aok.de/inhalt/faktenboxen-gesundheit
Häufig nachgefragt – von Halsweh bis Gerinnungshemmer
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin hat für einige häufige Malaisen/Behandlungen Patienteninformationen zusammengestellt – etwa für Müdigkeit, Brennen beim Wasserlassen, Blutgerinnungshemmer, Husten oder Mittelohrentzündung. Viel ist es noch nicht, aber es klingt sehr nützlich.
Neu: Patientenleitlinien – das empfiehlt die Wissenschaft
„Leitlinien“ sind Empfehlungen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften für die ÄrztInnen. Mittlerweile gibt es die Leitlinien auch in einer für PatientInnen verständlichen Sprache. Auf derselben Seite im Menü links kann man natürlich auch nach den Leitlinien für die FachärztInnen suchen.
Welche Medizin nützt, welche nicht: evidenzbasierte Medizin
Wenn mir Arzt oder Ärztin eine Behandlung vorschlagen, gehe ich davon aus, dass der Nutzen dieser Behandlung wissenschaftlich bewiesen ist. Aber der Nutzen vieler medizinischer Untersuchungen und Therapien ist gar nicht bewiesen. Selbst der medizinische Rundum-Check-up ist nicht so nützlich, wie immer gedacht. Puh, denkt man da, und woran soll ich als Laie mich jetzt orientieren?
Vielleicht mal dieses erfrischende Musik-Tanz-Video angucken? Das fasst die allerwichtigsten Gesundheitsregeln zusammen, allerdings auf Englisch, natürlich wissenschaftlich geprüft.
Therapien und Untersuchungen, deren Nutzen wissenschaftlich belegt ist, nennt man „evidenzbasierte Medizin“. Was genau das ist und wie man da arbeitet, erklärt hervorragend dieser Text auf gesundheitsinformation.de.
„Studien belegen, dass …“ – Bin ich damit auf der sicheren Seite?
Das kommt auf die Studie an. Auch wenn auf einer Webseite steht „Studien belegen, dass …“, muss die Behauptung nicht richtig sein. Denn es gibt nur wenige wirklich aussagekräftige und also verlässliche Studien, dagegen viele schlecht gemachte Studien, die zu falschen Schlüssen kommen. Wer endlich mal verstehen möchte, wann medizinische Studien gut und also aussagekräftig sind und wann Studien lausig sind, erfährt das hier - versprochen: Mit diesem Wissen werden Sie auf jeder Abendveranstaltung glänzen!
Den Arztbericht verstehen
Nach einer Untersuchung oder einer Behandlung schreiben Arzt/Ärztin einen Bericht. Der ist voller Fachwörter und Abkürzungen. Und jetzt?
- www.washabich.de: Ehrenamtlich übersetzen Medizinstudierende Ihren Befund in normales Deutsch. Achtung: keine Beratung, keine Interpretation, nicht mehr als EIN Befund mit maximal ZWEI Seiten. Da viele Menschen auf diese Übersetzung hoffen, werden morgens ab 7 Uhr Plätze im „Wartezimmer“ vergeben. Man tippt den Befund ab, fotografiert ihn ab oder lädt ihn hoch. Datenschutz wird garantiert.
- befunddolmetscher.de: Wer es eilig hat, kommt meist auch mit dieser Übersetzungshilfe ein gutes Stück weiter. Man muss aber als Erstes das Untersuchungsverfahren (Röntgen? MRT? …) oder die untersuchte Körperregion eingeben.
Hilfe, Krebsverdacht!
Umfassendes Informationsangebot auf allen Kanälen: www.krebsinformationsdienst.de, angesiedelt beim Deutschen Krebsforschungszentrum. Man kann anrufen und hat dann erfahrene und freundliche ÄrztInnen an der Strippe, die sich Zeit nehmen, die mit Menschen in Ausnahmesituationen umgehen können. Oder man schreibt eine E-Mail. Oder man lädt sich eine der zahllosen Infobroschüren auf der Seite herunter.
IGeL – was nützt und was kostet mich bloß Geld?
Der IGeL-Monitor bewertet Angebote von niedergelassenen ÄrztInnen, die PatientInnen selbst bezahlen müssen. Man nennt das IGeL, also Individuelle Gesundheitsleistungen. Der IGeL-Monitor klärt zum Beispiel diese Fragen: Kann man dank einer Augeninnendruckmessung sein Risiko reduzieren, ein Glaukom (grüner Star) zu bekommen und zu erblinden? Um das herauszubekommen, zieht man viele Studien heran. In diesem Fall lautet die Antwort: „tendenziell negativ“. Heißt: Diese Untersuchung nützt eher nicht. Leider sind noch nicht alle Untersuchungen bewertet worden. Finanziert wird dieser Service vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen.
Sich auf den Arztbesuch vorbereiten
Beim nächsten Arztbesuch wird alles besser! Die Patientenbroschüre „Der Nächste, bitte!“, erstellt von Medizinstudierenden, hilft, sich gut vorzubereiten. Sie kann kostenlos als pdf hier angefordert werden: washabich.de/arztbesuch
Empfehlenswert auch das Buch von Dr. Gunter Frank: „Fragen Sie Ihren Arzt – aber richtig! Was Patienten stark macht“, mit Checklisten und Selbsttest (Südwest-Verlag, 14,99 Euro). Man erfährt zum Beispiel, wie man sich als Patientin vor nutzlosen bzw. sogar schädlichen Therapien schützen kann.
Wie soll ich mich bloß entscheiden?
Steht man vor einer schwierigen Entscheidung in gesundheitlichen Dingen, reicht es oft nicht, eine Liste mit Pro und Kontra anzulegen. Hier gibt es eine ausgefuchste interaktive Entscheidungshilfe, die man anschließend auch ausdrucken kann.
Gefährliche Falschmeldungen
Falschmeldungen aufklären (in der Art von „Vitamin X heilt Krebs!“) wollen in Kürze zwei WissenschaftsjournalistInnen auf der neuen Webseite www.medwatch.de. Finanziert über Crowdfunding und ein Startgeld des honorigen Netzwerks Recherche.
Patientenrechte
Man hat Rechte als PatientIn, nur wissen die wenigsten davon. Eine Übersicht liefert www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/patientenrechte/patientenrechte.html
So hat jede/r Versicherte mittlerweile auch das Recht auf eine Patientenquittung. Entweder von Arzt/Ärztin bzw. vom Krankenhaus oder man beantragt bei der Krankenkasse eine Aufstellung der in den letzten 1,5 Jahren von ÄrztInnen abgerechneten Leistungen. Bei vielen Kassen kann man diesen Antrag mittlerweile online stellen. Suchstichwort ist oft „Patientenquittung“.
Wer eine Kopie der Krankenakte von Praxis oder Krankenhaus anfordern möchte, kann diesen Musterbrief nutzen, den die Stiftung Warentest unten auf dieser Seite zum Download bereitstellt: www.test.de/Patientenquittung-Viele-Praxen-sind-ueberfordert
Selbsthilfe-Foren finden
Gruppen oder Internetforen für bestimmte Krankheiten kann man zum Beispiel über diese Seite finden: www.selbsthilfe-interaktiv.de