Früher wollte er erst Feuerwehrmann werden, dann Arzt. Da fragte ihn sein Vater: Warum wirst du nicht „doctor for countries“, ein Arzt für Staaten? Und so kam es. Staffan de Mistura, seit 47 Jahren im Dienst der Vereinten Nationen, hat in 21 Konflikten vermittelt, darunter im Sudan, in Albanien, Afghanistan, im Irak, in Bosnien. Seit 2014 ist der Diplomat, Sohn einer Schwedin und eines italienischen Adligen, der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Syrien.
Ein Amt, das Kofi Annan und Lakhdar Brahimi entnervt aufgegeben haben; der schwierigste Job, den die UN zu vergeben haben, heißt es. Denn der Krieg in Syrien gilt als der blutigste und komplizierteste seit langem: zwölf beteiligte Länder, Dutzende Kriegsparteien. Über 400 000 Tote, mehr als eine Million Verletzte, fünf Millionen Flüchtlinge, über sieben Millionen Vertriebene.
Jeder Tag beginnt für Staffan de Mistura mit einem Gebet – „das hilft mir, daran zu glauben, dass wir eine Lösung für diesen furchtbaren Konflikt finden werden“. Ein Großteil seiner Arbeit besteht darin, zu reisen und die Kriegsbeteiligten persönlich zu treffen. Nur so könne Vertrauen wachsen.
Friedensmachern wird, wenn es nicht gleich klappt mit ihren Bemühungen, schnell Scheitern vorgeworfen. Und ja, der Friedensprozess im Syrienkonflikt ist zäh, wieder und wieder sitzen die Kriegsparteien – wenn sie alle paar Monate zu Friedensverhandlungen in Genf weilen – nicht am selben Tisch, sondern in unterschiedlichen Räumen. Mediatoren ziehen von Zimmer zu Zimmer und schauen, wo sich eine Einigung erzielen lassen könnte. Wichtiger als der gemeinsame Tisch sind Inhalt und Ergebnisse der Gespräche.
Staffan de Mistura
Viele Syrer aus der Zivilgesellschaft finden, mit dem Diktator Baschar al-Assad sei Frieden unmöglich. Aber der tritt nicht ab. Es gibt auch Syrer, die mit der Arbeit Staffan de Misturas hadern, sie finden, er mache Assad zu viele Zugeständnisse. „Ich würde dem widersprechen“, sagt de Mistura, „Assad beklagt das Gegenteil.“ Aber es geht in diesem Konflikt ohnehin nicht ums Gewinnen, sondern um eine politische Lösung.
Auf dem Weg dorthin fühlt sich de Mistura manchmal wie ein Arzt, der versucht, den Patienten am Leben zu erhalten, aber nur die Schmerzen lindern kann. Was ihn durchhalten lässt? „Wenn man eine Mission übernimmt, muss man alles dafür tun, was einem die eigenen Talente vorgeben.“ Er sehe es als seine Pflicht, zu helfen, die Welt besser zu machen. „Außerdem haben die Syrer eine friedliche Zukunft verdient.“ Ihn lassen die Augen der geflüchteten Frauen und Kinder nicht mehr los. Sie selbst hätten die Hoffnung nicht aufgegeben, also dürfe die internationale Gemeinschaft es auch nicht.
Dieses Porträt ist Teil der Reihe "Friedensmacher": Frieden ist möglich, wenn die Zeit reif dafür ist. Das hat in Kolumbien über 50 Jahre gedauert. In Syrien ist seit fast sieben Jahren Krieg – und kein Ende in Sicht. Mediatoren, Schlichter, Diplomaten brauchen einen langen Atem. Auch im Kleinen ist manchmal Hilfe von außen nötig, bei Streit unter Schülern oder in Familien.