Zerstörter Raum in Tabgha
Der zerstörte Innenraum in der Klosteranlage von Tabgha
Foto: dpa/Atef Safadi
Religiöse Juden in Israel attackieren christliche Einrichtungen. Trauriger Höhepunkt: Der aktuelle Brandanschlag in Tabgha am See Genezareth. Bislang hat der Staat fast immer weggesehen. chrismon-Redakteur Burkhard Weitz kommentiert.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
18.06.2015

Junge Orthodoxe nutzen die Abkürzung über den christlichen Friedhof. Ein Trampelpfad entsteht. Sie ziehen ihren Gartenschlauch über den Friedhof. Grabsteine kippen um. Die Gemeinde erstattet Anzeige. Nichts passiert. Schmierereien an einer Kirche und auf Gräbern, verbale Pöbeleien und Rempelattacken gegen Pilgergruppen, eingeworfene Fensterscheiben – wenn Vertreter christlicher Kirchen solche Übergriffe den Behörden melden, werden die Anzeigen aufgenommen, aber sonst passiert weiter nichts. Weder bekommen sie den Schutz durch Polizeistreifen, noch werden die Täter zur Rechenschaft gezogen. Ort des Geschehens: Israel.

Und weil das so ist, bestätigt sich ein Effekt, den man in den USA die Broken-Windows-Theorie nennt, auf Deutsch: die „Theorie der zerbrochenen Fenster“. Erst wird nur ein Fenster in einem leer stehenden Haus eingeschlagen, dann verwahrlost ein ganzer Stadtteil. Aus geringem wird großer Schaden – weil die Behörden es zulassen.

Eine Schmiererei wie eine Unterschrift

Der große Schaden ist jetzt auch in Israel da: An der Pilgerstätte von Tabgha neben der Brotvermehrungskirche am See Genezareth haben Täter in der Nacht auf Donnerstag, den 18. Juni, gleich an fünf Stellen Feuer gelegt. Und sie haben ein Graffiti an einer der Wände hinterlassen. Eine Schmiererei wie eine Unterschrift – es ist ein Aufruf aus einem jüdischen Gebet, Götzendienste zu vernichten. Die Täter meinten offenbar, sie könnten sich mit dem Graffiti verraten, da sie ja sowieso keine Konsequenzen fürchten müssten. Die Polizei nahm noch am selben Tag 16 Jugendliche aus Siedlungen in der Nähe fest, zehn von ihnen aus der Siedlung Jizhar, einer Hochburg extremistischer und gewaltbereiter Siedler. Der Verdacht gegen sie ließ sich nicht erhärten, sie kamen wieder frei. 

Nun ist aus kleinem Ärger großer geworden: verkohlte Holzbalken, verrußte Wände, verbrannte Bücher - eine 20-jährige Volontärin verletzte sich. Sie und ein 80-jähriger Mönch mit Verdacht auf Rauchvergiftung wurden in eine Klinik eingeliefert.

Man kann nur hoffen, dass die israelischen Behörden diesmal reagieren

Rund 50 Mal seien in den vergangenen drei Jahren christliche Einrichtungen in Israel bereits attackiert worden, berichtet der Benediktiner-Pater Matthias Karl aus Tabgha. Nie hätten die Täter mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen müssen – keiner dieser Vorfälle sei aufgeklärt worden.

Man kann nur hoffen, dass die israelischen Behörden diesmal reagieren. Und zwar so, wie sie bei einem Überfall auf eine jüdische Einrichtung auch reagieren würden.

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