Stimmt es, dass Singen gesund und glücklich macht?
Udo JÜRGENS, Schlagersänger
Auf jeden Fall! Wenn ich eine singefreie Zeit vor mir habe, fange ich mir leichter mal eine Erkältung ein. Wenn ich aber Konzerte habe, üben muss und im Training bleibe, reagiert der Körper und versucht von selbst, gesund zu bleiben. Natürlich ist Singen auch anstrengend und ich muss manche Lebensgewohnheit einschränken. Aber mich macht das Singen sehr glücklich! Damit gar meinen Lebensunterhalt zu bestreiten und an viele besondere Orte zu kommen empfinde ich als großes Geschenk. Nichtprofessionelles Singen kann sicher auch Therapie sein und gesund machen, wenn man frei rauslassen kann, was in einem schlummert.
Georg POPLUTZ, Tenor (Oratorium und Lied)
Ist es besser, morgens oder abends zu singen?
Sven REGENER, Sänger (Element of Crime), Schriftsteller („Herr Lehmann“)
Mir geht immer so schnell die Luft beim Singen aus. Wie muss ich richtig atmen?
Wer richtig atmet, kann leichter, schöner singen und hat auch viel mehr Luft. Als ich Gesangschüler war, wurde viel vom Zwerchfell und viel von „Spannung“ gesprochen. Ich sollte den Bauch und die Flanken auseinanderdrücken. Das führte zu übertriebener Muskelaktivität und Verspannungen.
Auch schlecht: die Bauchmuskulatur anspannen und den Bauch einziehen. Das ist kontraproduktiv und kann sogar zu Stimmschäden führen. Jede übertriebene Spannung im Körper wirkt sich belastend auf die Stimmbänder aus und erschwert das Funktionieren dieser kleinen Organe.
Bei der Einatmung soll auf jeden Fall der Bauch hervortreten – wenn möglich auch die Flanken, aber in einer geschmeidigen, elastischen Weise, nicht mit dem Gefühl des Drückens oder Pressens. Ich verwende gern das Bild eines Hefeteigs, den ein Bäcker auseinander zieht.
Beim Singen soll man versuchen, das Zwerchfell so lange wir möglich in der Einatemposition zu halten, also unten. Aber auch dies ohne Zwang, ohne Druck! Die „Stütze“ kommt vor allem aus der Stützmuskulatur der Wirbelsäule. So wird eine Körperspannung aufgebaut, die Atem- und Stimmorgane im vorderen Bereich des Körpers können frei und ungezwungen agieren.
Ralf POPKEN, Altus, Dirigent
Singen nach Noten – wie kann man das am besten lernen?
Am einfachsten: Hören und Nachsingen. Dabei prägt sich die Melodie in Verbindung mit dem Notenmuster ein. Auf diese Weise kann man – etwas Musikalität vorausgesetzt – selbst die größten Werke im Chor mitsingen. Musiktheoretisch gebildete Sänger analysieren beim Singen nach Noten die Intervalle. Das ist jedoch nicht so einfach, weil sich hinter gleichen Abständen im Notenbild, je nach Tonart, verschiedene Intervalle verbergen können. Einfacher geht es mit der Methode „Solmisation“. Hier wird jeder Stufe der Tonleiter eine Silbe zugeordnet - do, re, mi, fa, sol, la, si, do. Der Trick besteht darin, dass die Abstände zwischen den Tonstufen in allen Tonarten gleich sind. Der Sänger muss nur den Grundton herausfinden, was mit dem richtigen Merksprüchlein ganz einfach ist, und anschließend seine Töne mit den richtigen Silben bezeichnen – und schon kann er die Melodie richtig „vom Blatt“ singen. Eine geniale Methode und schon über 1000 Jahre alt.
Matthias MEHNERT, Sänger, Dirigent, Musikpädagoge
Ich kriege keine richtige Melodie hin, weil ich überhaupt nicht hochkomme. Was mache ich falsch?
Ich möchte allen, die sich nicht geschlagen geben wollen, den Film „Wie im Himmel“ ans Herz legen. Ein wunderbarer schwedischer Streifen, in dem ein berühmter Dirigent nach einem Herzinfarkt in sein Heimatdorf zurückkehrt und die Leitung des Kirchenchors übernimmt. Er begeistert die Dorfbewohner für die Musik und das Singen.
Singen ist ein Akt der Befreiung. Wenn wir uns mal ein wenig zurückerinnern: Als Babys haben wir ohne Probleme in allen möglichen Frequenzen ganze Wohnblocks beschallt, bequiekt und besummt oder als kleine getarnte Heavy-Metal-Fans sogar niedergebrüllt – ohne jemals heiser zu werden.
Bis dann nach und nach die oben genannten Verhinderungssätze in unser Leben kamen. Meine Anregung für alle Singsehnsüchtigen: Geht in den Wald, umarmt einen Baum und schmettert nach Lust und Laune los. Bäume sind ein tolles Premierenpublikum. Manchmal wiegen sie sich im Takt, manchmal hören sie einfach nur zu. Mit gewonnenem Selbstvertrauen kann dann der eine oder andere Baum durch einen Menschen ersetzt werden.
Und sollten sich mal wieder Zweifel einschleichen (und das werden sie mit Sicherheit, diese schmutzigen Sauhunde), dann solltet ihr euch Dendemanns „Gut und gerne“ reinziehen: „Nein, ich sing nicht gut, aber ich tu’s gern, weil ich
den Scheiß liebe, wie ’ne Schmeißfliege, anders kann ich mir das nicht erklär’n.“
Peter „BALBOA“ Brugger, Sänger und Gitarrist bei der Band Sportfreunde Stiller
Manchmal höre ich meine eigene Stimme nicht! Weil alles um mich herum so laut ist – von der Band, vom Ensemble oder von anderen Chorstimmen . . .
Ich schlage folgende Eskalationsstufen vor:
1. Lauter singen. Das klingt zwar unter Umständen nicht schön, aber besser als falsch.
2. Wenn das nicht hilft, dann vielleicht die klassische Methode: Die Hand ans Ohr legen. So hört man sich entschieden besser. Gibt es einen aufmerksamen Tontechniker, wird er dann auch den Monitor lauter regeln.
3. Andernfalls kann man versuchen, ihn mit wilden Gesten auf das Problem aufmerksam zu machen.
4. Falls er jedoch immer nur auf sein Pult starrt, kann man den Mitspielern strafende Blicke zusenden, man muss sich dann nur auf Diskussionen nach dem Konzert gefasst machen. Auch eigenmächtig den Gitarrenverstärker des Kollegen runterzudrehen, kann zu Missstimmungen führen.
5. Das letzte Mittel: den Gesang einstellen und nur noch die Lippen bewegen. Nicht singen klingt immer noch besser als falsch singen. Im Chor wird das vielleicht niemand bemerken. Bei Solisten wird so ein Auftritt Musikgeschichte schreiben.
Thomas PIGOR, Kabarettist, Liedermacher, Sänger (Pigor & Eichhorn)
Es kommt vor, dass ich mich schäme, wenn ich auf der Bühne stehe. Wie kann ich mein Selbstbewusstsein vor einem Auftritt aufbessern?
Natürlich habe ich auch Angst und Lampenfieber, aber die Inspiration hilft mir, allen Mut zusammenzunehmen, um es einfach zu wagen.
Das Schöne ist: Wenn man Spaß hat bei dem, was man tut, trägt sich das ganz von selbst. Ich glaube ganz fest daran, dass es oft die unperfekten Menschen sind, die Großes hervorbringen.
Maite KELLY, Sängerin (Kelly Family), Moderatorin, Tänzerin
Macht euch klar, dass euch auf der Bühne nichts Gefährliches passieren kann. Ihr werdet euch nicht die Beine brechen, auch kein Schleudertrauma erleiden. Das Einzige, wovor ihr Angst haben könntet, ist, auf der Bühne zu stehen und Angst zu haben. Und das macht überhaupt keinen Sinn!
Sebastian WEISS, DJ Sepalot (Hip-Hop-Band Blumentopf)
Meine Nervosität vor Auftritten blockiert mich – was kann ich dagegen tun?
Lampenfieber ist nicht Schlimmes sondern hilft mir dabei, mich auf das Konzert zu konzentrieren.Mir, meinen beiden Söhnen Max und Paul und unserem Bassisten hilft ein Ritual, direkt vor dem Konzert alle Energie zu bündeln: Wir stellen uns kurz im Kreis auf und umarmen uns, so wie man es auch von Fußballmannschaften kennt. Dabei spreche ich ein kurzes Stoßgebet und bitte um Freude auf der Bühne und mit den Zuhörern. Bisher hat’s immer geholfen!
Dieter FALK, Musikproduzent, Komponist
Ich weiß keine guten Einsinge-Übungen. Wie aktiviere ich am besten meine Stimme?
Jeffrey DOWD, Sänger (Tenor, Wagneropern)
Soll man sich bewegen beim Singen? Wenn ja: Wie?
Beim Einsingen helfen Lockerungsübungen für Beine, Becken, Schultern, Nacken, Kiefer und Zunge, um den Atem frei fließen zu lassen. Extratipp: Wenn man während eines Konzertes in einer kalten Kirche friert und zufällig mal kurz sitzen darf, kann man sich warmhalten, indem man abwechselnd das linke und das rechte Bein zehn bis fünfzehn Zentimeter hebt.
Inga SCHNEIDER, Sängerin (Mezzosopran)
Wie kann ich singen, ohne heiser zu werden?
Die sicherste Variante, nicht heiser zu werden, ist, mit viel Freude zu singen. Nicht so viel nachdenken und vor allem mit viel Herz. Wer mehr wissen will, muss an die Musikhochschule gehen.
Gunther EMMERLICH, Sänger (Bass) und Moderator
H. P. BAXXTER, Frontmann der Dance-Gruppe Scooter
Was tun bei Halsweh und Heiserkeit?
10.15 Uhr: Die Nachrichten auf „Spiegel Online“ heben keinesfalls die Laune. Das Gesetz zum Urheberrecht wird so lange diskutiert, bis die Künstler am Ende noch draufzahlen müssen. In meinem Hals brennt es. Ich werde die Vorstellung absagen müssen. „Bist du verrückt?!?“, wird mein Manager ins Telefon brüllen. „Ausverkaufte Vorstellung, ein Desaster. Mach dir einen Tee!“
11.55 Uhr: Fast hätte ich vor lauter Selbstmitleid die Osteopathin vergessen.
13.15 Uhr: Zur Heiserkeit gesellen sich nach der Behandlung noch Knieschmerzen. Ich werde die ganze Tour absagen, den Beruf wechseln...
13.42 Uhr: Meine Freundin Brigitte ruft an, rät mir, mit Molke zu gurgeln. Ich weiß, dass Molke hilft, bin aber zu erschöpft, um zu gurgeln!
14.07 Uhr: Mein Mann erwartet mich im Restaurant. Habe überhaupt keinen Appetit, und reden will ich auch nicht, denn nur mit Schweigen könnte man das letzte bisschen Stimme retten...
14.35 Uhr: Aus den Lautsprechern höre ich den Song von Rodriguez, „Sugar Man“. Genial. Bleibe in der Türschwelle stehen. Die Musik ist so schön, dass ich weinen möchte. Mein Herz schlägt voller Glück über das Wunder der Kreativität. Mein Appetit meldet sich zurück, der Matjes schmeckt köstlich.
15.10 Uhr: Ich lächle.
16.20 Uhr: Freue mich zunehmend auf den heutigen Abend. Es gibt doch nichts Schöneres als die Musik.
18.20 Uhr: Mache mich auf den Weg zum Konzert. Halsweh? Heiserkeit? Kann mich kaum noch erinnern. Nur wenn es mir nicht gutgeht. „Die Stimme ist eben die Seele des Menschen“, trällere ich fröhlich vor mich hin.
Gustav Peter WÖHLER, Schauspieler, Sänger und Hörspielsprecher
Ist es besser, vor oder nach dem Essen zu singen?
Die Zeit ist mir eigentlich egal. Wenn ich singe, bin ich eh voller Adrenalin und hellwach, ganz egal zu welcher Tageszeit es ist!
Joana ZIMMER, Pop- und Jazzsängerin
Ich möchte gern lange und ausdauernd singen können – wie geht das?
Singen ist Gefühl, Sinnlichkeit und Leidenschaft – deswegen sollte man sich als Nichtprofi erst mal keinen Kopf wegen der Singtechnik machen, sondern aus dem Bauch heraus singen. Suchen Sie sich ein Lied aus, das Ihnen gefällt, mit dem Sie ein Gefühl verbinden. Das kann ein Kinderlied sein, ein Schlaflied, ein Lagerfeuer- Gassenhauer, egal, Hauptsache, Sie sind ganz bei sich und haben Spaß. Und heiser werden Sie vielleicht erst, wenn Sie ununterbrochen 30 Minuten singen. Spaß, Freude und bei sich sein sind das Geheimnis.
Rufus BECK, 55, Schauspieler und Hörbuchsprecher
Ist Lampenfieber gut oder schlecht vor einem Auftritt?
Ich habe meinen Frieden mit dem Lampenfieber gemacht! Dagegen helfen keine Spleens oder Mittelchen. Ich schalte eine Stunde vor dem Auftritt in meinen Schildkrötenmodus: Ich werde müde und bekomme schlechte Laune.
Ich trete seit 32 Jahren auf. Am Anfang hatte ich noch die Hoffnung, dass das Lampenfieber runtergeht, jetzt weiß ich: Es ist die Voraussetzung für die Livearbeit. Aber es hat sich verändert. Als ich neu im Geschäft war, war ich einfach unsicher, ob die Leute mögen, was ich da auf der Bühne tue. Jetzt habe ich eher Lampenfieber, weil ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werden möchte. Aber kaum stehe ich auf der Bühne, ist meine Energie voll da, und ich verhaspele mich auch nicht mehr – was mir kurz vor dem Auftritt in der Umkleide häufiger passiert. Lampenfieber muss man einfach aushalten, sonst hat man als Künstler den falschen Beruf.
Heinz Rudolf KUNZE, Schriftsteller, Rocksänger
Wenn ich vor Publikum stehe, habe ich immer ein Kratzen im Hals. Was kann ich gegen den Räusperzwang tun?
Anja PÖCHE, Sängerin (Sopran im Calmus Ensemble Leipzig)
Meine Freunde sagen, ich sehe beim Singen komisch aus. Mache ich was falsch?
Georg Christoph BILLER, Dirigent und Thomaskantor in Leipzig
Wie kann ich anderen etwas so vorsingen, dass sie gern zuhören?
Es kommt auf das rechte Lied zur rechten Zeit an. Wenn der Anlass stimmt und das Lied musikalisch und textlich so richtig passt (oder passend gemacht wurde), zum Beispiel für ein Hochzeitspaar, einen Jubilar oder ein Geburtstagskind, wird niemand danach fragen, ob alle Töne stimmen. Hauptsache, man hört die Herzen schlagen. Auswendig singen mit lebendigem Blickkontakt ist übrigens immer besser, als vom Blatt zu singen. Das Einstudieren lohnt.
Rolf ZUCKOWSKI, Liedermacher, Musikproduzent und Autor von Kinderliedern
Lieder auswendig singen: Welche Tricks gibt es, um sich Texte einzuprägen?
Ich lese zuerst den Text laut vor und schreibe ihn mit der Hand auf. Dann singe ich ihn so oft, bis ich die Melodie auswendig kann. Jetzt wende ich die sogenannte progressive Teil-Lernmethode an: Ich singe den ersten Satz oder die erste Zeile, bis ich sie auswendig kann, dann ebenso den zweiten Teil (Zeile oder Satz), danach beide Teile direkt hintereinander. Und so weiter. Bis das ganze Lied sitzt. Es hilft, an der ein oder anderen Stelle den Gesang mit einer kleinen Bewegung zu unterstützen, die muss dann immer an dieser Stelle gleich bleiben. Manche Leute singen lieber das komplette Lied immer wieder von Anfang bis Ende durch, viele wenden eine Kombination aus beiden Methoden an. Jede Jeck ist anders – auch beim Auswendiglernen!
Kafi BIERMANN, Sänger der Kölner Band Bläck Fööss
Ich brauche keine Singtipps
Ich brauche keine Singtipps von so genannten Promis!
Warum schleimt man denen eigentlich auch noch in der Kirche immer hinterher?
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